Enttäuschend & wird erst in der zweiten Hälfte spannender

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Die junge Marlene hat kürzlich ihre Eltern verloren, während das geerbte Familienunternehmen nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr aus den roten Zahlen kommt. Durch Beschränkungen in Deutschland ist das hamburgische Unternehmen zur Herstellung von Leichtbauprofil-Flugzeugen der Konkurrenz hinterher. Als ihr Onkel ein Übernahmeangebot bekommt, müssen er, Marlene und ihre beiden Vettern entscheiden, wie es mit der Firma Appen weitergehen soll. Deshalb schlägt die flugbegeisterte Marlene ein Flugtaxiunternehmen vor, das der Firma zu neuen finanziellen Mittel verhelfen soll, doch ihr Vetter Max ist gegen den Plan und auch ihr Onkel scheint skeptisch. Um vor der finalen Abstimmung den Kopf frei zu bekommen, reist Marlene ins Ferienhaus an die Ostsee, wo sie sich in den mysteriösen Schwimmer Bernhard verliebt.

Die Probleme des Familienunternehmens und Marlenes Kampf als Frau gegen Max‘ Vorurteile war anfangs sehr interessant. Doch mit jeder weiteren Seite treten der Hersteller von Leichtbauprofilen und das kleine Flugtaxi in den Hintergrund, es wurde im Unternehmen nicht mal mehr über den neuen Geschäftszweig geredet und als Leser/in bekommt man es nur am Rande mit, ob es nun zum Erfolg kommt oder nicht. Stattdessen nimmt die Liebesgeschichte immer mehr Raum ein, die mir von Anfang an eher wenig zugesagt hat. Marlene und Bernhard verlieben sich auf den ersten Blick, was mir nie gut gefällt. Ich will über eine Anziehung aufgrund von den Charakteren lesen und nicht wegen des Aussehens der Protagonisten. Außerdem wird um Bernhard ein großes Geheimnis gemacht, obwohl schon der Klappentext von einer Ost-West-Liebe spricht. Die Gespräche der beiden sind zu Beginn wenig romantisch oder angenehm, weil Marlene jedes Mal das Leben im Osten anspricht, was Bernhard unangenehm ist und abblockt. Wo kommen da die Gefühle auf? Mit der Zeit konnte die Autorin aber doch langsam die Geborgenheit und Nähe der beiden gut beschreiben. Somit wurde nach der vor sich hin plätscherten ersten Hälfte die zweite viel spannender. Denn hier kommt endlich wirklich der Konflikt von Marlenes und Bernhards Beziehung auf, weil sich die Grenze mitten durch Deutschland nicht nur in Bernhards geplante und seltene Besuche an der Ostsee äußern. Auch wenn Marlene sehr fixiert auf die Beziehung ist und schnell viel will, kommt doch erst dadurch eine spannende und fesselnde Geschichte auf. Ich habe bis zur letzten Seite mitgefiebert, auch wenn mir das Ende zu rosarot war.

Die größten Kritikpunkte an der Geschichte sind für mich, dass Birgit Zimmermann zwar einen flüssigen Schreibstil hat, aber oft manche Situationen nicht gänzlich beschreibt. Als bei mir langsam die Gefühle der Protagonisten aufkamen, war der Moment schon wieder vorbei. Ein paar Sätze mehr über die Emotionen der Charaktere hätten die Geschichte viel einnehmender und berührender gemacht. Außerdem war insbesondere die erste Hälfte langweilig und viele Dinge zu offensichtlich angedeutet. Und die größte Enttäuschung ist für mich, dass Marlene zwar Lilienthal heißt, Titel und Cover eine große Geschichte übers Fliegen versprechen, es aber nur als Rahmenhandlung fungiert. Schön ist, wie die Autorin Marlenes Leidenschaft fürs Fliegen geschildert und auch oft die Szenen im Flugzeug über den Wolken hautnah beschrieben hat. Ansonsten gibt es kein Nachwort über die tatsächlichen Geschehnisse in der Geschichte und auch das Internet hat mir leider keine erfolgreiche Recherche gebracht.


Fazit:
„Die Wolkenstürmerin“ erzählt die Geschichte der flugbegeisterten und bis über beide Ohren verliebte Marlene. Vieles ist sehr offensichtlich, weshalb die erste Hälfte des Buches eher langweilig ist und erst in der zweiten Spannung und Dramatik aufkommt. Eine mehr oder minder unterhaltsame Lektüre, von der ich mehr erwartet hätte.