Einblick in eine andere Welt

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Rezension zum Buch „ Die Hoffnung der Chani Kaufman „ von Eve Harris

Ich hatte bei der Leseprobe schon den Eindruck, das man sich mit dem Lesen dieses Buches auf eine besondere Reise begibt…
… und so war es . Eine Reise in eine andere , mir völlig unbekannte Welt und Kultur .
Wir sind zunächst in Golders Green, einem Stadtteil von London, einem eher ruhigen und gelassenem Stadtteil, solang mit Beginn des Sabbat, Freitag nach Sonnenuntergang, das Werk bzw die Arbeit stillsteht. In Golders Green leben überwiegend jüdisch -orthodoxe Juden. Viele Männer mit Kippa, den Käppchen auf Köpfen oder gar mit steifen schwarzen Hüten, Frauen mit Scheitel einer Perücke welche die Haare bedecken sollen, laufen gesenktem Blick auf den Straßen. Aus Feinkostläden kommt der Geruch von frisch gebackenen Kartoffelpfannkuchen Latkes und anderen koscheren Spezialitäten.
Hier leben auch Chani und ihr Mann Baruch in einer guten, chassidischen Ehe.
In der Tora , der heiligen Schrift der Juden, heisst es „ Seid fruchtbar und vermehret Euch „. Trotz aller Bemühungen empfängt Chani nicht, was sie sehr bedrückt. Wenn sie nicht schwanger wird , muss Baruch sich laut Gebot eine andere, fruchtbare Frau suchen.
In einem anderen Strang des Buches lernen wir Rivka kennen. Rivka ist aus der strengen, einengenden ultraorthodoxen Ehe ausgebrochen . Die Welt in der Männer die Regeln machen, Frauen in nicht angefasst werden dürfen während sie bluten und Nidda sind , also unrein. Ein Leben voller Verbote und Gebote, Regeln und Vorschriften, die in ihren Augen einfach nicht mehr auszuhalten sind. Sie verlässt ihren Ehemann Chaim, einen Rabbi und somit auch ihre Kinder.
Alle Versuche Kontakt zu halten und „ normal „ zu leben, werden von der gläubigen Gesellschaft unterbunden, geächtet und als Schande angesehen. Das betrifft leider nicht nur Rivka , sondern auch ihren Ehemann und auch deren gemeinsamen Kinder.


Ein Buch, das es in sich hat. Wunderbar, sowohl traurig, als auch hoffnungsvoll. Wir begleiten die Menschen durch die kleineren und größeren Tragödien des Lebens mit der unbewussten Härte, die in den Familien herrscht,
Die Geschichte ist sehr emphatisch geschrieben, undramatisch und ausgeglichen, aber dennoch sehr interessant und auf eine sanfte Art fesselnd.
Gespickt mit vielen jiddischen Ausdrücken, die von allen Personen benutzt werden ( und am Ende des Buches erklärt/ übersetzt werden). Die besonderen Rituale und die altmodisch anmutenden Bräuche waren mir unbekannt. Dadurch entstand eine ganz besondere Atmosphäre, ein Eintauchen ins Judentum.

Harris gibt tiefe Einblicke in die Schicksale und bleibt dabei absolut wertfrei.
Ich hoffe noch mehr von Eve Harris lesen zu können.
Vielleicht schließt sie an den ersten Teil „ Die Hochzeit der Chani Kaufman „ und „ Der Hoffnung der Chani Kaufmann „ auch eine Fortsetzung an.

Das Cover ist ein typisches Diogenes Cover, doch mit einer sehr wichtigen Botschaft , die man mögicherweise erst nach dem Lesen fühlt: heißt, der Granatapfel habe 613 Kerne, das entspricht der Zahl der Mitzwot, der religiösen Gebote

Für Leser, die sich auf andere Kulturen und Bräuche einlassen und weiterbilden wollen eine klare Kaufempfehlung.