einfach großartig

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hiclaire Avatar

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Als ich seinerzeit Die Hochzeit der Chani Kaufman las, war ich fasziniert von dieser so ganz anderen Welt, die wie eine Art Paralleluniversum mitten im pulsierenden London existiert – und hingerissen von Eve Harris` Schreib- und Erzählstil. Auf ein weiteres Buch aus ihrer Feder habe ich sehr gehofft, und lange darauf gewartet.

Und nun geht es tatsächlich weiter mit Chani und Baruch und auch mit Rivka, deren Part mich schon im ersten Teil so berührte. Wie sie um diese schwere Entscheidung gerungen hat, mit der es ihr aktuell noch nicht wirklich gut geht, die sie aber dennoch nicht bereut.

Eve Harris mich sofort wieder in diese Welt hineingezogen.

Chani und Baruch leben inzwischen in Jerusalem, fühlen sich wohl in ihrer Umgebung und machen einen glücklichen Eindruck – wäre da nicht das Problem mit der ausbleibenden Schwangerschaft. Nahezu eine Katastrophe in dieser jüdisch-orthodoxen Gemeinde. Für Chani noch sehr viel mehr als für ihren Mann Baruch. Dementsprechend fühlt sie sich unzulänglich, voller Angst und ist kaum noch sie selbst. Nur noch selten, und dann eher schwach, blitzt die alte Chani kurz hervor. In ihrer Not bitten sie Baruchs wohlsituierte Eltern um finanzielle Unterstützung, damit sie in einer Kinderwunschklinik in London Hilfe suchen können. Hier setzt die Geschichte ein – um dann noch einmal um zwei Monate zurückzugehen und die Ereignisse bis zu diesem Punkt aufzugreifen, bevor sich die Dinge weiterentwickeln…

Hatte ich vor Lesebeginn Zweifel, ob mich diese Fortsetzung wohl ähnlich fesseln könnte wie Die Hochzeit der Chani Kaufman, sind diese umgehend verpufft. Die Begeisterung, die mich durch den ersten Teil getragen hat, stellte sich sofort wieder ein und ich habe jede einzelne Seite genossen. Dieses Buch fand ich in mancher Hinsicht komplexer als den Vorgänger. Weil diese Welt für mich nicht mehr so neu und fremd gewesen ist, gab es weniger Überraschungen, dafür mehr Schauplätze, mehr Perspektivwechsel und irgendwie schienen mir die angesprochenen Probleme noch tiefgründiger oder elementarer? Schwer in Worte zu fassen. Es geht um den Glauben, und dass man ihn verlieren kann, und damit auch den Halt und die Geborgenheit einer Gemeinschaft. Wie es sich anfühlt, wenn Liebe und Glaube nicht mehr miteinander vereinbar sind, die Risse quer durch die Familie gehen, und für welchen Weg man sich entscheidet.

Eve Harris erfüllt alle ihre Figuren mit einer warmherzigen Lebendigkeit, in den Haupt- wie in den Nebenrollen, die sympathischen ebenso wie die unsympathischen. Wie sie deren Eigenheiten und Schwächen auf eine irgendwie liebenswürdige Art schildert, ohne zu verdammen oder zu beschönigen, mochte ich schon in ihrem ersten Roman sehr. Sie erzählt mit dem gleichen feinen Humor und leiser Ironie, ihre wunderbar atmosphärischen Beschreibungen empfand ich als liebevoll und detailliert ohne auszuarten oder klischeehaft zu werden.

Einfach großartig, klug und voller Empathie, und ein wunderbares Lesevergnügen von der ersten bis zur letzten Seite.