Grandios!

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DIE HOFFNUNG DER CHANI KAUFMAN

Können wir bitte über dieses intensive Buch reden?
"Die Kehilla war Michals Welt, hier hatte sie enge Freundinnen, fand Wärme, Liebe und Gemeinschaft. Hier gehörte sie hin, und sie konnte sich kein Leben außerhalb vorstellen." (S. 103)

I N H A L T:
Chani hat es geschafft. Sie hat den Mann geheiratet, den sie sich ausgesucht hat – nicht selbstverständlich, wenn man in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinde lebt. Und was nun? ›Seid fruchtbar und mehret euch‹, natürlich, aber genau das funktioniert eben nicht. Chani ist verzweifelt, denn ihr Mann Baruch kann sie verstoßen, wenn sie ihm keine Nachkommen schenkt. Und wer wäre sie dann noch unter ihresgleichen? Zwischen Rabbi, Fruchtbarkeitsklinik und ihrer Schwiegermutter muss Chani ›HaSchem‹ ein Schnippchen schlagen.

M E I N E M E I N U N G:
Nicht erst seit Deborah Feldmans "Unorthodox" bin ich gleichzeitig fasziniert, schockiert und interessiert an dem Leben von jüdisch-orthodoxen Kehillas. Das passt der neue Roman von Eve Harris perfekt in mein Beuteschema, auch wenn es der zweite Teil der Dilogie ist. Harris nimmt eine fiktive jüdisch-orthodoxe Gemeinde in den Blick und erzählt mithilfe verschiedener Perspektiven von ihrem Leben, ihren Emotionen und Konflikten. Bildgewaltig, gefühlvoll und klar formuliert die Autorin das Leben eines ausgewählten Personenkreises, eben dieser kleinen Gemeinde in London. Das Leben, der Alltag und jedes klitzekleine Detail ihres Lebens wird durch HaSchem, beziehungsweise den Reglementierungen der Rabbis gesteuert. Harris Kunst ist, dass sie die verschiedenen Emotionen von Unverständnis über Unwissenheit bis hin zum starken Religionsbewusstsein anschaulich und intensiv darstellt. Die Beweggründe und Handlungsmuster wirken für mich immer klar und nachvollziehbar. Frauen als Geburtsmaschinen, Unfruchtbarkeit, starkes Religionsbewusstsein, Ausbruch aus der Enge der Religion, die Suche nach dem eigenen Glauben, die Einhaltung von Regeln und Geboten und der soziale Druck der jüdisch-orthodoxen Gemeinde sind nur einige angesprochene Themen. Als Leser:in versucht man diese komplexe Welt, ihre Themen und die damit einhergehenden Konsequenzen zu verstehen. Die Übersetzung und die Einflechtung von zahlreichen jiddischen Wörtern finde ich grandios.

Lesen, lesen, lesen! Informativ, einfühlsam und vermittelnd. Definitiv ein Muss für alle Lesenden, die Deborah Feldmans "Unorthodox" bereichernd fanden.