London. Jerusalem. Tel-Aviv - Spannende Lebensepisoden

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eckenmann Avatar

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Cover und Gestaltung dieses Romans gefallen mir wie so viele andere aus der Diogenes * Reihe ausnehmend gut, ich nehme den Blick der Frau und ihr rechtes Auge wahr und den Granatapfel vorm linken Auge, der auf etwas Verborgenes oder Verstecktes weist. Das Buch mit dem halben Tausend an Seiten liegt mir angenehm in den Händen.
Der Hauptstrang erzählt die Geschichte der noch recht frisch verheirateten Chani Kaufman und Probleme um die Erfüllung ihres Kinderwunsches.
Nebenstränge sind die Entwicklungen der Endvierzigerin Rivka Silberman, die in Trennung von Mann und Kindern lebt sowie deren großem Sohn Avromi.
In 72 mehrseitigen Episoden werden deren Lebensereignisse - zwischen November 2009 bis August 2010 - abwechselnd erzählt, die drei Orte London, Jerusalem und Tel-Aviv sind jeweils in den Kapitelüberschriften gefasst.
Im Mittelpunkt steht dabei vor allem das Leben von Frauen in einem orthodox-jüdischen Millieu und der Gemeinde (Kehilla), das von strengen Vorschriften und Verhaltensregeln geprägt ist.

Vor allem die Frauen und allen voran Chani und Rivka werden mit ihren inneren Konflikten eindrucksvoll erfasst und sowohl in ihrer Beziehung zu Mann und Familie als auch in ihrem Streben nach Selbstbestimmung lebendig gestaltet. Während Chani eher einen leisen Weg im Rahmen des Erlaubten und Gestatteten an der Seite ihres geliebten Mannes Baruch wählt und auch den Widrigkeiten der Schwiegermutter Frau Levy trotzt, hat sich Rivka äußerlich stark von Familie und Gemeinde getrennt.

Die Erzählstränge Chanis und Rivkas treffen sich kurz aber entscheidend, die Begegnung gibt Chani einen Anstoß, so dass sie am Ende guter Hoffnung sein kann.

Ich habe mich gut unterhalten in eine doch recht ferne fremde Welt eingelesen, die vor allem Frauen viel abverlangt. Eve Harris versteht es vorzüglich, die Spannung aufrechtzuerhalten und jede Figur in ihren Erzählteppich einzuweben. So habe ich ein Mosaik dieser Lebenswelten vor mir, in welchem Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen und strikte Urteile nebeneinander bestehen und aufleuchten.
Die episodenhafte Gestaltung des Romans wird von einem achtseitigen Glossar jüdischer Begrifflichkeiten und Redewendungen begleitet, die mir sehr hilfreich waren.

Vor allem die Geschichte der Frauen geht sehr zu Herzen und lässt mich nach einer Karussellfahrt am Ende zuversichtlich aufblicken. "Es war Zeit" (S. 503)

Es war mir ein großes Leseerlebnis und ist eine klare Empfehlung.