Regeln der Kehilla

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amara5 Avatar

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Mit dem packenden Roman „Die Hoffnung der Chani Kaufman“ setzt Autorin Eve Harris die Geschichte von Chani in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinde fort – bewegend, authentisch und teils trotz ernsten Themen mit einer Brise Humor zeigt sie einen tiefen Einblick in die sehr strengen Regeln einer orthodoxen Kehilla und zeichnet ein authentisches Bild voller starker Frauen.

Chani und ihr Ehemann Baruch sind glücklich verheiratet, leben nach den Vorgaben und Traditionen ihrer jüdischen Gemeinde und Baruch möchte Rabbiner werden. Zu den von den Männern vorgegebenen Regeln gehört, dass die Frau dem Mann Kinder schenken muss und die Empfängnis muss in der „reinen Zeit“ passieren. Doch Chani hat von Spezialisten erfahren, dass ihr Eisprung noch in der unreinen Phase entsteht und das gläubige Paar steht vor einer großen Gewissensfrage. Chanis schwierige Schwiegermutter wittert schon die Chance, die Zwei auseinanderzubringen und schmiedet Intrigen.

In weiteren Erzählsträngen schildert Harris ergreifend das turbulente Leben von Rivka, ihrem Mann Chaim und den Söhnen: Rivka hat die orthodoxe Gemeinde ohne ihre Kinder verlassen, was zu großen Auswirkungen geführt hat – Chaim muss sich scheiden lassen und eine neue Frau finden, während Rivka und ihr kleinster Sohn beschimpft und bedroht werden. Der älteste Sohn Avromi schlittert währenddessen in eine tiefe Glaubenskrise, möchte das moderne Leben mit Frauen in Einklang mit den rigiden Regeln bringen und nimmt sich eine Auszeit in Tel Aviv.

Der gelungene, feinfühlige Roman glänzt durch seine emotionale Bandbreite an menschlichen Gefühlen – die Protagonisten hoffen, zweifeln, beten und manche Frauen brechen selbstbestimmt aus den starren Zwängen aus. Mit vielen jiddischen Begriffen, die im hinteren Glossarteil erläutert werden, zeichnet Harris ein tiefgreifendes, dichtes Bild vom traditionellen Leben in einer orthodoxen Glaubensgemeinschaft mit allen Höhen und Tiefen. Eine lesenswerte, flüssig geschriebene Fortsetzung, die auch ohne den ersten Teil zu kennen verständlich ist und tief in den Lesesog zieht.