Ein Dorf, das Geschichten sammelt

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casandrafl Avatar

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Der Stil ist eindringlich und feinfühlig – mit Bildern, die lange nachklingen. Beatrix Gerstberger schreibt mit großer Wärme, ohne kitschig zu werden. Man spürt sofort: Hier ist Sprache nicht Beiwerk, sondern Teil des Erzählens.
Die Leseprobe ist wie ein geöffneter Brief an die Vergangenheit – leicht salzig von Meeresluft, durchzogen von Rissen, durch die Erinnerungen strömen.

Da ist Mina, die plötzlich wieder an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt – unfreiwillig, gezeichnet vom Verlust, mit viel innerem Gepäck. Und Ann, eine Hummerfischerin mit harter Schale, die nicht viel redet, aber alles sieht. Und Julie, die nach einem Unfall aus der Bahn geworfen wurde, sich aber zurück ins Leben kämpft – auf ihre ganz eigene Art.

Und dann ist da Mr. Darcy, der blaue Hummer. Klingt absurd – ist aber einer der schönsten Nebencharaktere, die mir seit Langem begegnet sind.

Man merkt: Hier geht es nicht um große Wendepunkte, sondern um feine Risse. Um Verlust, Freundschaft, Frauenleben. Und um die Frage, wie man wieder ankommt – bei sich, bei anderen, in einer Gemeinschaft, die einen nie ganz vergessen hat.
Ich hatte nach den ersten Seiten das Gefühl, mit einer warmen Tasse Tee in einer kleinen Küstenküche zu sitzen, in der das Salz der Luft in den Ritzen der Wände steckt – und die Geschichten der Menschen gleich mit.

„Die Hummerfrauen“ verspricht ein stilles, aber bewegendes Buch zu sein – über das, was bleibt, wenn man alles verliert. Und über Frauen, die sich im Nebel nicht verlieren, sondern finden.

Ich bin nicht nur neugierig, wie es weitergeht – ich will mit ihnen raus aufs Meer.