Nebelhorn und Hummerherz - ein Roman wie salzige Meerluft

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saskian Avatar

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Beatrix Gerstbergers Hummerfrauen beginnt mit einem melancholisch-skurrilen Tonfall, der sofort eine eigenwillige Atmosphäre schafft: ein blauer Hummer am Sterbebett, der bei Annas letztem Atemzug die Farbe wechselt – das ist mehr als eine kuriose Begebenheit, es ist der Einstieg in ein dicht gewobenes Geflecht aus Erinnerung, Verlust und tiefer emotionaler Verbundenheit.

Der Roman entfaltet sich mit einer bildreichen, fast poetischen Sprache, die nicht nur Orte und Menschen lebendig macht, sondern auch ihre innersten Verletzungen, Sehnsüchte und Beziehungen zueinander. Zwischen salzfeuchter Luft, Nebelhorn und Truthahnsandwich entsteht eine Welt, die rau und zugleich zärtlich ist – voller leiser Dramen, großer Fragen und feiner Zwischentöne.

Besonders beeindruckt hat mich die Figur der Ann: eine wortkarge, starke, verletzliche Frau, die mit einem Hummer namens Mr. Darcy zusammenlebt und dabei mehr Menschlichkeit und Zärtlichkeit ausstrahlt als viele ihrer Mitmenschen. Auch die Verflechtungen zwischen den Generationen, das Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart, die komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung – all das ist stimmig, atmosphärisch dicht und ohne Sentimentalität erzählt.

Ich möchte dieses Buch unbedingt weiterlesen, weil es wie ein stiller Sog wirkt – mit Figuren, die man sofort im Herzen trägt, mit Sätzen, die wie salzige Brise auf der Haut liegen, und mit einer Geschichte, die einem ganz leise und trotzdem unumstößlich ins Leben hineinkriecht.