Raue Natur trifft tiefe Erinnerungen

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sandraesa Avatar

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Schon nach wenigen Seiten von „Die Hummerfrauen“ hatte ich das Gefühl, selbst durch die nebligen Gassen von Stone Harbor zu laufen und die salzige Luft zu atmen. Die Geschichte beginnt mit einem skurril-poetischen Bild: ein blauer Hummer auf einem Kopfkissen, eine alte Frau stirbt, und mitten im Abschied wird eine Welt lebendig, in der Vergangenheit und Gegenwart, Verlust und Liebe dicht verwoben sind.

Was mich besonders fasziniert hat, war die Mischung aus rauer Küstenrealität und emotionaler Tiefe. Die Figuren sind vielschichtig, ungeschönt, und wirken dadurch umso echter. Mina, Ann, Julie – sie alle tragen ihre Brüche sichtbar mit sich, ohne dass die Geschichte je ins Klischeehafte abrutscht. Besonders Anns Beziehung zu ihrem blauen Hummer, Mr. Darcy, hat mich berührt und zum Schmunzeln gebracht – so zärtlich und seltsam, dass sie sofort in Erinnerung bleibt.

Der Roman schafft es, schwere Themen wie Verlust, Familiengeheimnisse, weibliche Stärke und das Suchen nach Zugehörigkeit mit einer Leichtigkeit zu erzählen, die nie oberflächlich wirkt. Immer wieder blitzt eine lakonische Komik auf, die gerade durch den Kontrast zum Schmerzhaften sehr kraftvoll ist.

Am meisten hat mich aber berührt, wie subtil und einfühlsam über das Erinnern gesprochen wird – über Kindheit, die nicht vergessen ist, und Menschen, die selbst nach Jahren in uns weiterleben.