Solider Thriller mit kleinen Schwächen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
books 4ever Avatar

Von

„Die Influencerin“ von Rebecca Russ ist ein hochaktueller Thriller, der die Schattenseiten der scheinbar perfekten Online-Welt der Influencer*innen und die Auswirkungen von Social Media auf das reale Leben thematisiert. Die erfolgreiche Lifestyle-Influencerin Sarah erreicht mit ihrem Online-Auftritt @sarahlaeuft über siebenhunderttausend Follower und ist mit ihren Inhalten zu Fitness und Ernährung überaus beliebt. Am Höhepunkt ihrer Online-Karriere muss sie jedoch feststellen, wie schmal der Grat zwischen Bewunderung und Hass ist, als die Online-Community sie für den Tod einer jungen Followerin verantwortlich macht. Verzweifelt deaktiviert Sarah ihren Account und zieht sich aus der Online-Welt zurück. Doch schon bald fühlt sich Sarah auch im echten Leben verfolgt und bedroht. Wer schickt ihr unheimliche Pakete und betreibt in ihrem Namen einen neuen Instagram-Account, der private Details aus ihrem Leben teilt?

Positiv hervorzuheben ist zunächst die Covergestaltung mit den dunkelroten Scherben, die mir direkt ins Auge gefallen ist. Auch der geprägte Titel fühlt sich sehr wertig an. Die Handlung wird überwiegend aus der Ich-Perspektive von Sarah erzählt. Am Anfang jedes Kapitels findet sich ein Hasskommentar, der zeigt, welche Wut und Verachtung Sarah im Netz entgegen schlägt. Zwischendurch sind immer wieder Kapitel aus der Sicht einer unbekannten Person eingestreut, die von Sarah besessen ist und sie heimlich beobachtet. Diese Kapitel haben mir besonders gut gefallen, da sie für zusätzliche Spannung sorgen und man so tiefere Einblicke in die Gedankenwelt des Stalkers erhält.
Der Hauptfigur Sarah stehe ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits konnte ich mich gut in ihre Verzweiflung und Schuldgefühle hineinversetzen. Auf der anderen Seite hat es mich doch überrascht, wie naiv und unüberlegt sie mitunter handelt. Den anderen Charakteren wie ihrer Schwester und Assistentin Caro und ihrem Mann Raphael, der gleichzeitig auch ihr Manager ist, fehlt es hingegen an Tiefe und sie bleiben leider etwas blaß.

Durch den klaren und leichten Schreibstil der Autorin habe ich schnell in die Handlung hineingefunden und das Buch innerhalb kürzester Zeit durchgelesen. Leider haben sich jedoch ein paar Fehler (doppelte Sätze, falsche Namen etc.) eingeschlichen, was den Lesefluss zwischendurch etwas gestört hat. Verläuft die Geschichte am Anfang noch eher gemächlich, nimmt sie im letzten Drittel deutlich an Spannung und Fahrt auf. Rebecca Russ ist es gelungen, mich mit einigen geschickten Wendungen zum Ende hin noch einmal völlig zu überraschen. Meiner Meinung nach werden im letzten Teil der Handlung aber viel zu viele verschiedene Themen angerissen, ohne dass diese jedoch ausreichend vertieft werden. Die Handlung wird dadurch zu überladen und verliert dabei leider an Glaubwürdigkeit. Hier wäre weniger tatsächlich mehr gewesen.

Alles in allem ist der Autorin mit „Die Influencerin“ ein solider Thriller für zwischendurch gelungen, der die Abgründe unserer aktuellen Social-Media-Welt beleuchtet und zum Nachdenken anregt.