Die besonderen Kinder

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mammutkeks Avatar

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Jacob ist ein ganz normaler Teenager, der in den USA lebt, zur Highschool geht und zwischendrin in einem Drogeriemarkt jobbt. Obwohl, so normal ist er doch nicht - aber er denkt von sich auch nicht, etwas Besonderes zu sein.

Besonders war sein Großvater - und ganz besonders seine Geschichten, die er dem Enkel in Kindertagen erzählt hat. Doch jetzt ist Jacob längst über die Zeit der Märchen und Schauergeschichten hinweg - und hält die Erzählungen des Opas für reine Spinnereien. Denn wer glaubt in einer aufgeklärten Welt schon an schwebende Mädchen, an durchsichtige Jungen oder an eine ganze Insel voller Kinder, die besondere Fähigkeiten und Eigenschaften haben? Und vor allem: Wer glaubt an Monster, die so gefährlich sind, dass sie einen töten könnten?

Jacob hat, genau wie seine Eltern und weiteren Verwandten, die Geschichten des Großvaters abgetan. Und auch, als ihn ein Hilferuf des alten Mannes erreicht, geht er nicht davon aus, dass die Monster diesen gefunden haben könnten. Erst als er sieht, dass der Großvater getötet wurde - und zwar nicht von den wilden Hunden, auf die man sich in seiner Umgebung als Erklärung einigt -, beginnt er, der Geschichte der "Insel der besonderen Kinder" nachzuforschen. Jacob fährt mit seinem Vater auf die kleine Insel in der irischen See - und das Abenteuer beginnt.

Dabei beginnt nicht nur ein Abenteuer für den sympathisch, trottelig und etwas langweilig gezeichneten Protagonisten des Erstlingsromans von Ransom Riggs, sondern auch ein kurzweiliges und ganz besonderes Leseabenteuer für diejenigen, die vor dem Buch sitzen. Nicht unwesentlichen Anteil hat daran der schön gestaltete Band selbst mit seinen vielen schwarz-weiß-Fotos und den Kapitelvorsatzblättern, die an eine längst vergangene Zeit erinnern, als die Tapeten in Bibliotheken noch düster waren.

Die Geschichte braucht jedoch etwas Zeit, um richtig in Fahrt zu kommen - dann allerdings ist das Ende sehr abrupt da und macht Hoffnung darauf, dass es noch weitere Erzählungen rund um die besonderen Kinder geben wird.

Denn diese sind wirklich gut gezeichnet und nicht nur dank der beiliegenden Fotos gut zu imaginieren. Farblos und blass bleibt allein Jacob, der zwar seiner vorbestimmten Geschichte in der mittelständischen Kleinstadt entfliehen kann, aber trotzdem als Person verschwommen und glanzlos ist.

Von der Aufmachung ragt "Die Insel der besonderen Kinder" ganz bestimmt aus dem reichhaltigen Angebot der Buchläden heraus. Olfaktorisch gesehen war das Buch allerdings eine Herausforderung - bei einer Neuauflage sollte vielleicht über eine andere Farbmischung nachgedacht werden.

Und warum genau Riggs die Vertreibung des Großvaters durch die Nationalsozialisten als Thema nimmt, hat sich mir auch nicht erschlossen. War doch zunächst mein Fokus auf eine entsprechende Erklärung gerichtet, ich also auf einen völlig falschen Pfad gelockt.

Doch auch diese kleinen Einschränkungen haben das Lesevergnügen nicht geschmälert, so dass "Die Insel der besonderen Kinder" definitiv zu meinen Lesehighlights des Jahres gehört.