Chancen muss man ergreifen, wenn sie sich bieten

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elke17 Avatar

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Worum geht es in „Die Köchinnen von Fenley“? 1941/42 ist auf der britischen Insel die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln (zumindest für das normale Volk) stark eingeschränkt. Lieferketten sind unterbrochen, Ackerflächen liegen brach, weil die Männer im Krieg sind. Die zurückgebliebenen Frauen landauf, landab, sind kreativ, bemühen sich, aus dem, was die Lebensmittelkarten an verfügbarer Nahrung anbieten, ihre Familien bestmöglich zu versorgen.

Als für die BBC-Kochsendung The Kitchen Front (die es in der Tat wirklich gab) eine Co-Moderatorin gesucht wird, lobt der Moderator einen Kochwettbewerb aus, bei dem die Gewinnerin den begehrten Job erhalten soll. Vier sehr unterschiedliche Frauen bewerben sich: eine junge Witwe, die ihren Mann im Krieg verloren hat und darum kämpft, ihren Kindern das hoch verschuldete Dach über dem Kopf zu erhalten. Ihre hochnäsige Schwester, die über ihren Stand geheiratet hat und nun in einer unglücklichen Ehe gefangen ist. Das schüchterne Küchenmädchen, eine Waise, deren Potenzial die betagte Chefköchin des Landguts erkannt hat. Und eine ausgebildete, ledige Köchin, die wegen ihrer ungewollten Schwangerschaft ihre Stelle in London verloren hat und nun in der Provinz festsitzt. Chancen muss man ergreifen, wenn sie sich bieten, denn jede dieser Frauen hätte durch den Gewinn des Wettbewerbs ohne Frage die Möglichkeit, ihrem Leben eine neue Wendung zu geben.

Frauen und Kochsendungen, da war doch was. Richtig, Bonnie Garmus‘ „Eine Frage der Chemie“, ein kritisch-humorvoller Blick auf die Rolle der Frau im Wissenschaftsbetrieb der sechziger Jahre. Aber damit kann und sollte man Jennifer Ryans historischen Roman „Die Köchinnen von Fenley“ besser nicht vergleichen, bietet dieser doch „nur“ Unterhaltung im historischen Kontext des Zweiten Weltkriegs ist, eine Zeitspanne, die in letzter Zeit häufig bei britischen Neuerscheinungen den Hintergrund für die typischen „Frauenbücher“ bietet. Ob dies mit dem Brexit zusammenhängt? Ich denke schon, denn gemeinsam ist all diesen Romanen die Aussage: Wir schaffen das gegen alle Widrigkeiten.

Und genauso vorhersehbar entwickelt sich die Handlung dieses Romans, der den Schwerpunkt auf die zwischenmenschlichen Beziehungen legt und nicht an den in diesem Genre üblichen Klischees spart. Höchst interessant fand ich allerdings die dem Buch vorangestellte Auflistung der „Wöchentlichen Essensrationen in Kriegszeiten für einen Erwachsenen“ (die auf den ersten Blick nicht besonders kärglich erscheint) und deren kreative Verwendung samt Anreicherung mit dem, was die Natur zu bieten hat, sowie die entsprechenden Rezepte zu den Gerichten, die die Teilnehmerinnen daraus zubereiteten. Und auch wer sich für die Alltagskultur während dieser Zeitspanne interessiert, findet zwischen den Zeilen immer wieder interessante Informationen zu bestimmten Nahrungsmitteln, die auch heute noch mit Sicherheit in britischen Haushalten Verwendung finden und auf den Tisch kommen.