Magische Schönheit

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siriamaria Avatar

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Es war mein Wunschbuch. Das Cover wirkt mystisch geheimnisvoll und ist in einer faszinierenden Farbauswahl gestaltet. Sebastian Conrads Buch "Die Königin" ist ein Sachbuch, das sich zügig lesen lässt. Er hat gründlich recherchiert mit über 70 Seiten weiterführender Literaturangaben, 2 Landkarten von damals und heute und zahlreiche Farb- und schwarz-weiss Fotographien. Viele internationale Künstler, Filmemacher und Musiker*innen haben sich von Nofretete in ihren Werken seit über 100 Jahren inspirieren lassen. 1912 nach über 3000 Jahren dem Sand entstiegen, wurde sie als Welterbe im neuen Museum Berlin 1924 dem breiteren Publikum zugänglich. Und die Frage blieb offen, warum „die ganze Berliner Bevölkerung … eine ungewöhnliche sentimentale Bindung an die schöne Königin empfinde.“ 1923 war die Hyperinflation und das wirtschaftlich noch vom Krieg gebeutelte Deutschland strebte nach ideellen Werten wie Schönheit, Harmonie, Weiblichkeit, um wenigstens zeitweise die Folgen des 1. Weltkrieges zu vergessen. Nach dem NS-Regime und der Kapitulation träumte man von einem besseren Deutschland und fragte sich: Gehört die Ausländerin Nofretete nun zur BRD oder zur DDR?
Ebenso ist die Rechtmäßigkeit der Aufteilung der Beute aus den Ausgrabungen im britischen Protektorat aus heutiger Sicht noch nicht eindeutig geklärt. Den politischen Staat Ägypten gab es damals im Jahre 1912 noch nicht, aber unter dem Gesichtspunkt des kulturellen und geographischen Ägypten als "Wiege der Menschheit" müssten die dort gewonnenen Schätze allen gehören.
Als Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin schildert Sebastian Conrad die historischen, Zusammenhänge in einer wissenschaftlichen neutralen Grundhaltung. Das ethische moralische Empfinden ist noch nicht eindeutig ausgelotet und wird sich wohl in Zukunft ändern und sich hoffentlich auf diplomatischem Wege verhandeln lassen. Jede Zeit wird wohl die Faktoren anders bewerten. Fazit: Es ist eine bewusstseinserweiternde Lektüre für politisch, kulturethnologisch interessierte Leser*innen.