Unter Segeln

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kyra112 Avatar

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Paula Seitzinger ist ein Mädchen aus besten Hause, die auch wieder ebenso gut verheiratet werden soll. Doch bevor es soweit kommt, darf sie noch einen Sommer in Freiheit am Ammersee genießen. Ihre Eltern machen aber natürlich nichts ohne Hintergedanken und so fängt Paula eine Ferienarbeit im GYA als Betreuerin an. Dieses befindet sich wiederum auf dem Gelände des ehemaligen Yachtclubs Ammersee, der noch von den Amerikanern beschlagnahmt ist. Paula soll dort, gemeinsam mit Anna, einem Mädchen aus einfachen Verhältnissen aus dem nahen Dorf, arbeiten und versuchen, die Amerikaner dazuzubringen, den Yachtclub wieder in die Hände der Seitzingers zurückzubringen. Dabei liegt allen das Segelboot „Kranich“ besonders am Herzen.

„Die Kranichfrauen - Der Wind der Freiheit“ von Renate Greil ist ein Roman über Freundschaft, Familie, Geborgenheit, aber auch Ehrgeiz.

Das Buch ist in 40 Kapitel unterteilt, die alle eine Überschrift haben. Das hat mir wirklich gut gefallen, da die Überschriften wirklich sehr passend waren und immer eine kleine Vorahnung auf das nächste Kapitel brachten, sodass mich das doch immer mal animiert hat, doch weiter zu lesen, anstatt eigentlich eine Lesepause einzulegen.

Die beiden Protagonistinnen Paula und Anna könnten gesellschaftlich nicht unterschiedlicher sein, dennoch spielt das für die beiden keine Rolle. Beide Mädchen haben Zukunftsträume, bei denen sie sich nicht mehr den konservativen gesellschaftlichen Erwartungen beugen wollen. Gerade diese Einstellung verbindet die beiden auch nochmal intensiver.

Neben den beiden spielen die jungen Männer Wolf, Dietrich und der jüdische Eli eine Nebenrolle in der Geschichte. Was mir dabei gefällt ist, dass sich die Geschichte mit der Vergangenheit auseinandersetzt und die Lehren aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg behandelt. Gerade die Personen Dietrich und Eli spiegeln das wider. Auch das Ansprechen der Erwartungen in Richtung Kriegsheimkehrender finde ich sehr realistisch dargestellt. Gerade letzteres Thema wird stellvertretend durch Paulas Tante Hedi behandelt. Hedi ist eine große Stütze für die Mädchen und ich denke, sie findet sich manchmal selbst in ihnen wieder. Dennoch ist sie in ihren Bestrebungen geerdet durch die Historie, aber auch als Mutter zweier Mädchen und Ehefrau eines Kriegsvermissten. Ich finde, Hedi ist aber auch der Fels in der Brandung für die Mädchen, der zu ihnen hält, ihnen Ratschläge gibt und sie immer mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Das Nachwort fand ich sehr interessant, da ich mir immer nicht vorstellen konnte, dass das Schicksal der Kranich so abgelaufen sein könnte.
Für mich endet dieses Buch sogar mit mehreren Cliffhangern. So hätte mich wirklich interessiert, wie es mit dem Boot, den Mädels und ihrer Freundschaft weitergeht, aber auch wie es mit Hedi und dem Yachtclub weitergeht.

Was mich ein bisschen verwundert hat, war die Einordnung der Mädchen durch die Amerikaner. Hier wird ja wieder das konservative Weltbild aufgezeigt und nicht der Fortschritt, den sie eigentlich wollen.
Was mich nur am Rande etwas verwundert hat, war das Klischee der holländischen Großmutter, die Maxima hieß. Das passte für mich gar nicht, sondern ist eher das Klischee der heutigen Zeit in Bezug auf Königin Maxima, die ja Argentinierin ist. Damit war der Name zu der Zeit für mich nicht realistisch (aber das nur als kleine Anmerkung).

Alles in allem war dieses Buch wunderbar schnell zu lesen, hat mich sehr gefesselt und die Seiten flogen nur so dahin. Für mich ein Buch über eine innige Freundschaft, die den gesellschaftlichen Konventionen entgegengetreten ist und bei dem man beim Lesen immer das Gefühl hat, als würde einem eine frische Segelbrise um die Nase wehen. Ein toller Roman, dessen Titel absolut auf das Buch zutrifft!!