Schöner Schmöker über die Hassliebe zweier Schwestern

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annajo Avatar

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Katie und Mia trennen 3 Jahre und ganze Welten. Katie ist bodenständig, ehrgeizig und verantwortungsbewusst. Mia, die Jüngere, ist impulsiv und freiheitsliebend. Überraschend und sehr plötzlich geht Mia auf Weltreise und alles, was Katie nach deren mysteriösen Tod auf Bali bleibt, ist ein meerblaues Reisetagebuch. Die Polizei sagt, es sei Selbstmord gewesen, doch das möchte Katie nicht glauben. Um zu verstehen, folgt Katie Mias Reiseroute bis nach Bali. Und endlich stellt sich die Nähe ein, die es zwischen den Schwestern schon lange nicht mehr gab ...

Ich habe in die Leseprobe dieses Buches hineingelesen und bezweifelt, dass mich dieses Buch packen könnte. Doch ich bin froh, dass ich es doch gelesen habe. Das Cover ist ansprechend und passend. Der Titel ist leider etwas kitschig, obwohl es in diesem Buch nicht um eine Liebesgeschichte - oder nicht vordergründig - geht, sondern vor allem um die Beziehung der beiden Schwestern zueinander. Als Kinder waren sie eng verbunden, doch am Ende sind sie mit Mitte 20 im Streit auseinander gegangen. Katie plagen Schuldgefühle, die beim Lesen sehr nachfühlbar sind. Zunächst kann man die Trauer um Mias Tod jedoch noch nicht so recht nachfühlen. Das Buch beginnt direkt mit der Todesnachricht und man hat noch keinerlei Bezug zu den Figuren. Daher ließen mich die ersten Kapitel zunächst kalt. Und auch, als Katie auf Mias Spur reisen geht, erscheint es erst einmal unrealistisch. Doch je weiter sie reist und je mehr man dabei an ihren Gedanken teilhat, desto authentischer wirkt sie. Vor allem macht Katie eine sympathische Wandlung durch, die viele sich sicher selbst wünschen würden: weg vom städtischen Stress und der minutiösen Lebensplanung hin zur Welt und dem-Leben-einfach-auch-mal-seinen-Lauf-lassen.
Auch die Beziehung der beiden Schwestern ist realistisch geschildert. Einerseits brauchen sie sich, da der Vater sie schon früh verlassen und die Mutter erst kürzlich verstorben ist. Doch gleichzeitig stehen Eifersucht und Vorwürfe zwischen ihnen. Immer wieder wollen sie sich annähern, doch keine kann über ihren Schatten springen.
Die Perspektiven wechseln immer zwischen Katie und Mia, sodass man den jeweiligen Reiseabschnitt immer aus den beiden Ich-Perspektiven erlebt. Dadurch liest man jedoch nie direkt die Tagebucheinträge, sondern ist immer live bei der jeweiligen Schwester dabei. Das macht es etwas schwierig zu wissen, was davon Katie durch das Tagebuch auch weiß und was für immer Mias Geheimnis bleibt. Schade fand ich auch, dass die Reise letztlich nicht so viele Stationen hat (Kalifornien, Maui, Australien, Bali). Auch von den einzelnen Orten und den dortigen Gegebenheiten erfährt man eher wenig, da es gegen Ende eigentlich nur darum geht, bestimmten Personen hinterher zu reisen. Ich hätte gern noch etwas mehr über die Reisen selbst erfahren. Dafür sind die Charaktere und deren Beziehungen umso spannender. Sie sind komplex und tiefgründig und vermeiden Klischees soweit es geht.

Mir hat dieses Buch, das Reisen und Beziehungen verschiedenster Art miteinander vereint, gut gefallen. Die Figuren waren sympathisch und lebensnah und die Handlung durchaus spannend. Schlußendlich ist mir auch Mias Tod nahegegangen, nachdem ich sie über das Buch hinweg kennengelernt habe. Dieses Buch ist ein schöner (kleiner) Schmöker für die kommenden Herbsttage, der Gefühle und Wärme versprüht.