Ein Krimi mit ernstem Thema, liebenswertes Ermittlerteam mit Privatleben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
kleinekrimileseratte Avatar

Von

Mit Spannung habe ich diesen siebten Krimi des Ermittlerduos Oliver Bodenstein und Pia Kirchhoff erwartet. Vor mehr als acht Jahren ist mir die Autorin schon aufgefallen. Ihr Schreibstil gefällt mir einfach gut. Jeder Krimi hat ein gänzlich anderes Thema. Aber immer bleibt sich die Autorin treu in ihren wunderbaren Beschreibungen der ganzen Handlungen, Örtlichkeiten und Personen.

Beschreibung des Buches:
Der Roman „Die Lebenden und die Toten“ von Nele Neuhaus ist im Ullstein-Verlag erschienen. Er hat 554 Seiten. Es handelt sich um ein Hardcover-Buch. Ein gelungenes Titelbild ziert den Umschlag. Es passt in die Reihe der Bodenstein/Kirchhoff-Krimis. Im Vordergrund ein Hochsitz am Rande eines Ackers, der leicht mit Schnee bedeckt ist. Im Hintergrund sieht man die Frankfurter Skyline. Passend, denn der Krimi spielt im Vordertaunus, am Rande von Frankfurt am Main. Zur „Verzierung“ ist das Bild mit ein paar Blutstropfen gesprenkelt.
Kurze Zusammenfassung:
Die Kommissarin Pia will in die Flitterwochen, es ist kurz vor Weihnachten, da wird sie zu einem Tatort in Eschborn gerufen. Eine ältere Dame wurde aus dem Hinterhalt erschossen. Kaum hat man die ersten Ermittlungen aufgenommen, da passiert der nächste Mord. Pia beschließt ihren Urlaub nicht anzutreten, denn sie wird gebraucht, die Hälfte der Belegschaft ist erkrankt. Nachdem ein weiterer Mord im Rhein-Main-Gebiet geschieht, nimmt man an, dass es sich um einen Serienmörder handelt. Das Leben in der Region ist kurz vor Weihnachten lahmgelegt, jeder hat Angst, er könnte der nächste sein. Schnelles ermitteln ist gefragt. Warum mordet der Schütze? In welchem Zusammenhang stehen die Morde, die Menschen zueinander?
Mein Leseeindruck:
Ich habe das Buch in den ersten Tagen verschlungen, der Schreibstil von Nele Neuhaus hat mir schon immer gefallen. Bei ihren Krimis bin ich sogleich mittendrin und kann mich richtig in das Geschehen hineinversetzen. Die bildhafte Sprache und die Konversation der einzelnen Personen miteinander machen den Krimi sehr lebendig. Die mittlerweile liebgewonnenen Kommissare haben neben ihrer Arbeit auch ihr Privatleben, welches, wie immer, nicht zu kurz kommt. Das macht für mich diese Krimireihe so besonders.
Der Krimi selbst beginnt mit mehreren parallelen Handlungssträngen. Man findet schnell die einzelnen Charaktere sympathisch oder unsympathisch. Schon früh stellt man als Leser Vermutungen an, wer tatsächlich die Morde begangen haben könnte. Doch durch immer wieder neu gelegte Hinweise der Autorin ändern sich die Vermutungen mit jedem Kapitel.

Die verschiedenen Handlungsstränge werden gekonnt aneinandergereiht. Mitunter bekommt man Mitleid mit einigen Personen. Manche aber würde man gern als Täter überführt sehen…
Allein die Beschreibung der Örtlichkeiten und der einzelnen Charaktere machen diesen Krimi (und auch seine Vorgänger) so lesenswert. Man fühlt sich buchstäblich in die Handlung hineinversetzt und hört mitunter die einzelnen Geräusche, riecht die beschriebenen Düfte und fühlt sich mitten im Geschehen. Die beschriebenen Örtlichkeiten und Personen kann man sich sehr gut vorstellen.
Die Ortsumgebung, der Taunus mit seinen Städten und Gemeinden sind Realität. Die beschriebenen Straßen und Örtlichkeiten gibt es wirklich. Als Leser aus dem Taunus erkennt man vieles wieder und freut sich darüber. Manch beschriebenen Platz schaut man sich beim nächsten „Besuch“ doch etwas genauer an (ist mir tatsächlich dieser Tage passiert…) und fragt sich: Wie kommt man auf die Idee, hier einen Mord geschehen zu lassen? Nicht umsonst erfreuen sich immer mehr "Heimatkrimis" großer Beliebtheit.
Leider hatte ich genau in der Mitte des Buches einen „Hänger“: Die Ermittlungen schleppten sich so dahin, die vielen Personen in dem Krimi verwirrten mich. Wünschen würde ich mir eine Übersicht im Anhang, welche Personen beteiligt sind und in welcher Beziehung sie zueinander stehen, dann verliert man nicht so leicht den Überblick. Zum Ende hin wurde ich versöhnt, die Fäden wurden wieder zusammengeführt und die Auflösung des Kriminalfalles war nachvollziehbar.
Ein bisschen übertrieben fand ich die generelle Angst der Menschen im gesamten Rhein-Main-Gebiet. Dass hier fast alles kurz vor Weihnachten lahmgelegt sein könnte, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Die Vergangenheit hat zumindest gezeigt, dass Terrorangst, Vogelgrippe und z.Z. Ebola die Menschen selten davon abhalten, sich aus dem Haus in die Menschenmassen zu begeben.
Das Thema Organspende mit ihren negativen Seiten ist gewagt. Hat man sich bisher damit noch nicht auseinander gesetzt, so ist spätestens jetzt die Zeit gekommen, sich darüber Gedanken zu machen. Nele Neuhaus gelingt es, mit ihrem Krimi ein ernstes Thema auf den Tisch zu bringen, hier allerdings eher mit den negativen Aspekten. Der Leser/die Leserin muss sich ein eigenes Bild machen, man wird beim Lesen zumindest aufgerüttelt…

Fazit:
Ein weiterer Krimi aus der „Feder“ von Nele Neuhaus, der mich alles in allem gut unterhalten hat. Ich mag das Ermittlerduo und freue mich immer wieder, wenn ich Neues von den Zweien lesen darf. Auch die Weiterentwicklung von Pia gefällt mir gut. Das Leben der beiden hat so etwas Reales und wirkt nicht aufgesetzt. Wenn ich „Nele Neuhaus“ lese bin ich für ein paar Stunden in einer anderen Welt. Obwohl die Tatorte fast direkt vor meiner Haustür sind, kommt mir die reale Welt dann doch nicht ganz so „mörderisch“ vor.