Eine wunderbar erzählte Familiengeschichte

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Im Jahr 2079 trägt die 102-jährige Dichterin Fiona Skinner Gedichte aus ihrem Werk vor. Eine junge Zuhörerin, die sich als Luna vorstellt, erregt ihre Aufmerksamkeit und veranlasst sie, ihre Geschichte zu erzählen.
Tara Conklin ist eine großartige Erzählerin. Leichtfüßig, abseits gängiger Floskeln und unter Umgehung jeglicher Klischees ergreift ihre alte Protagonistin das Wort, kehrt zurück in die Kindheit und lässt zunächst den unbeeinträchtigten und vorurteilsfreien Blick einer Vierjährigen gleichermaßen über heitere wie bedrückende Ereignisse wandern. Das Aufwachsen der vier Geschwister, der frühe Tod des Vaters, die anschließende Herausforderung durch die depressive Erkrankung der Mutter - all das wird unbestechlich genau und mit leisem, hintergründigen Humor ausgebreitet. Sie selbst, ihre beiden Schwestern Renee und Caroline und ihr Bruder Joe sind wunderbar gezeichnet, fassbar und glaubhaft, konsequent in ihren Verhaltensweisen, in ihren Entwicklungen.
Immer wieder fließt das Wissen um ein schlimmes, unbestimmtes Ereignis ein, was Spannung erzeugt und über alles eine dünne düstere Decke legt. Zudem will man Antworten haben: Wer ist die junge Frau? Was bedeutet sie der alten Dichterin?
Da braucht es allerdings etwas Geduld, denn trotz aller Erzählkunst zieht sich die Geschichte manchmal ein wenig, während wir das Heranwachsen der Kinder begleiten, ihre Beziehungen untereinander und zu anderen erleben, uns von besonderen Ereignissen erfreuen oder erschrecken lassen, mit ihnen leiden und trauern.
Dass der aktuelle Ausgangspunkt so weit in die Zukunft gelegt wird, ist ein Kunstgriff, der eine Schilderung der Kindheit im Amerika der Siebziger erlaubt und gleichzeitig das Umfassen mehrerer Generationen. Über die Situation in der Zukunft erfährt man sehr wenig, ganz klar ist das nicht Thema des Buches.
Vielmehr ist es das Hineinsehen in eine Familie, eine spezielle, eine besondere Familie, die stellvertretend für viele in Liebe verbunden ist, ihre Probleme hat, von diesen manche lösen kann und manche nicht, die miteinander verbunden ist, machmal auch in Schuld und Hilflosigkeit, und sich nie in Gleichgültigkeit verliert.