Zukunftsvision

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Hinter "Die Lieferantin" verbirgt sich nicht nur ein Thriller rund um die Londoner Drogenszene. In Zoe Becks neustem Buch stecken auch viele klare Aussagen bezüglich des Brexits und seinen Folgen, der möglichen Legalisierung von Drogen und der Digitalisierung.

Der Einstieg war für mich wegen der Vielzahl an Protagonisten nicht gerade kinderleicht. Zunächst trifft man auf Walter Boyce, Victor Thrift und Leo Hunter, drei Londoner Drogenbosse, die das Gebiet unter sich aufgeteilt haben. Als plötzlich ein anonymer Verkäufer aus dem Darknet auf der Bildfläche erscheint, ist man sich im Londoner Untergrund einig: Der Neue muss weg! Es beginnt eine Hetzjagd auf das Pseudonym TheSupplier, hinter welchem sich Elliot Johnson verbirgt. Die junge Frau beschäftigt sich mit dem Bau und der Programmierung von Drohnen. Per App schickt der Verkäufer seine Koordinaten an einen Server, welcher wiederum eine Drohne mit dem bestellten Stoff auf den Weg schickt. Anonym, schnell, einfach und sehr sicher.

Der Roman spielt in einer Zeit nach dem Brexit und spricht schonungslos an, welche Probleme auf die Engländer zukommen könnten. Das staatliche Gesundheitssystem NHS kommt nicht sehr gut weg. Die Stimmung im Land verändert sich zunehmend und die nationalistische Gruppierung "Rotweißblau" befindet sich auf dem Vormarsch. Die Krone des Ganzen soll ein neues Referendum, der "Druxit", sein. Dabei sollen härtere Gesetze gegen den Handel und Missbrauch von Drogen erreicht werden, die über öffentliche Register von Konsumenten bis hin zum Verlust des Versicherungsschutzes gehen.

Neben der spannenden Jagd auf Ellie geht es also vor allem um Politik und die Legalisierung von Drogen. Dabei stehen Protagonisten Ellie und ihre beste Freundin Catherine, die die Anti-Druxit-Kampagne leitet, eindeutig für die Legalisierung. Was mir leider etwas gefehlt hat, war eine zumindest halbwegs ebenbürtige Gegenseite. Zoe Becks Position ist unmissverständlich angekommen, allerdings wünsche ich mir bei solch kontroversen Themen immer starke und logische Argumentationen, bei denen sich der Leser letztendlich selbst eine Meinung bilden darf. Die Kontra-Seite kam hier eindeutig zu kurz.

Ansonsten hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es ist spannend und die schnellen Perspektivwechsel haben mir gefallen. Anfangs habe ich schon angesprochen, dass eine große Vielfalt an Charakteren involviert ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnte ich alle gut auseinander halten und ich fand es absolut spitze, wie Zoe Beck diese Vielzahl logisch miteinander verknüpfen konnte. Vor allem die letzten Seiten haben richtig Spaß gemacht und enthielten eine Menge Frauenpower!

Fazit:
Ein sehr gelungener Thriller, der viel mehr als eine rasante Hetzjagd auf eine Drogenlieferantin bietet. Es geht um Politik, die Legalisierung von Drogen, Rassismus, Frauenpower und die Digitalisierung. Auch wenn ich mir bei den kontroversen Themen ausgeglichenere Argumentationen gewünscht hätte, liest sich das Buch dennoch extrem spannend und regt dazu an, sich etwas genauer mit den Themen auseinanderzusetzen und sich eine eigene Meinung zu bilden (bzw. diese zu überdenken). 4 Sterne und eine Leseempfehlung!