Augusthitze, lesbar

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maenade Avatar

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Die linke Hand des Teufels ist der erste Band einer offenbar geplanten Serie um den Mailänder Journalisten Enrico Radeschi, gut befreundet, wie es für einen richtigen Journalisten gehört, mit dem stellvertretenden Polizeipräsidenten Mailands Loris Sebastiani. In diesem Band allerdings fährt Radeschi in sein Heimatdorf, das verschlafene Capo di Ponte Emilia, um das Haus seiner Eltern zu hüten und ein wenig Urlaub zu machen. Hier ist nämlich der Höhepunkt jährlicher Aufregungen im Zweifelsfall die Beerdigung eines der wenigen noch lebenden Partisanen. Doch kaum kommt Radeschi an, findet der Dorfpostbote im Briefkasten eines eigentlich leerstehenden Hauses eine menschliche Hand. Ohne Mensch dran. Und damit fängt das casino erst an, denn auch in Mailand geschehen weiter Morde und Radeschi ist, es ist August, so ziemlich der einzige greifbare Reporter - von den Ordnungshütern ganz zu schweigen. Viele lange Fahrten auf einer knallgelb gestrichenen Vespa oder im Zug später...

Was mir gut gefallen hat: Das Buch beginnt langsam, die Stimmung des ländlichen Italien im Hochsommer ist damit wundervoll eingefangen und überträgt sich damit auf den Leser. Die Umschlaggestaltung unterstreicht diese Grundstimmung wunderbar. Die Sprache von Verfasser und Übersetzerin sind der Geschichte angemessen, nicht zu verkünstelt, aber auch nicht unnötig schnodderig. Und ganz nebenbei erfährt der nicht-italienische Leser so einiges darüber, was im Land vieler deutscher Sehnsüchte heute neben der großen Politik noch so alles schiefläuft, nicht umsonst ist Radeschi Teil des in Italien viel zitierten Prekariats, hat also keine feste Stelle und muss sich neben der Journalistentätigkeit auch links und rechts nach Aufträgen umsehen. Und auch weitere eingestreute Bemerkungen, wie z.B. über Berufsalltag bei Carabinieri oder Polizei, verraten, dass Italien in vielen Dingen Deutschland zum Glück noch sehr fremd ist. Das war gelungen.

Allerdings empfand ich die Geschichte als ein wenig zu überladen, es passierte trotz der so wundervollen trägen Stimmung einfach ein bisschen zu viel. Die Geschichte in Capo di Ponte Emilia hätte für das Buch durchaus gereicht, Mailand hätte dann den nächsten Band füllen können. Einen weiteren kleinen Abstrich macht der dusselige Fehler auf S. 219, wo Radeschi plötzlich Roversi heißt, also Held der Geschichte und Autor derselben verwechselt wurden. Hybris?! Ich denke eher Unaufmerksamkeit.

Alles in allem würde ich aber sofort einen weiteren Band der Reihe lesen, denn der Ort und seine Bewohner, besonders Maresciallo Boskovic und sein Gürteltier Gatsby, sind mir durchaus ans Herz gewachsen.