Überzählige Hände

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
buecherfan.wit Avatar

Von

 

Im idyllischen norditalienischen Dorf Capo di Ponte Emilia ist es auf einmal so gar nicht mehr idyllisch. Schon bald nach der Beerdigung eines Partisanen wird eine abgeschnittene Hand in einem Briefkasten deponiert, und es geschieht der erste Mord an einem alten Mann. Der junge Mailänder Journalist und Hacker Enrico Radeschi, der in seinem Heimatort in Abwesenheit seiner Eltern eigentlich nur Kater Mirko hüten soll, beginnt schon bald für seine Mailänder Zeitung zu recherchieren. Dann geschieht ein zweiter Mord, und wieder wird eine abgetrennte Hand verschickt. Beide Hände waren circa 60 Jahre eingefroren und wurden erst jetzt aufgetaut.

Auch in Mailand geschieht ein Mord: hier wird die Angestellte eines Versicherungsbüros umgebracht. Ein Trittbrettfahrer mordet und präsentiert eine abgeschnittene Hand. Der Chef eines Sushi-Resturants verschwindet spurlos, und es gibt - eher zufällig - noch weitere Tote. Enrico Radeschi hetzt zwischen Mailand und Capo de Ponte Emilia hin und her, wird von seinem Chef bei der Zeitung unter Druck gesetzt, aber auch von seinem Freund Sebastiani von der Mailänder Polizei in seiner Eigenschaft als Hacker gebraucht. Zu allem Überfluss muss er noch das Ende seiner Beziehung zu einer jungen Frau namens Stella bewältigen und die Versorgung diverser Haustiere und Pflanzen sicher stellen. Er ist an allen Mordermittlungen beteiligt und kommt dabei zu entscheidenden Erkenntnissen.

Schon die Auflistung von Ereignissen lässt erkennen, dass die Handlung dieses Krimis einigermaßen verworren ist. Der Leser fragt sich die ganze Zeit, wie alles zusammenhängt, was die verschiedenen Morde miteinander zu tun haben, aber vielleicht hängt ja nichts zusammen, und alles passiert unabhängig voneinander? Das zentrale Handlungsmoment der Morde an alten Männern mit den makabren Warnungen durch nach 60 Jahren aufgetaute Hände lässt den Leser sofort vermuten, dass es sich um Racheakte für Kriegsverbrechen handelt. Aber was haben die anderen Morde zu bedeuten und die ausgeprägten Ressentiments gegen zugereiste Albaner?

Der Roman besticht durch viel italienisches Ambiente. Es gibt ausführliche Beschreibungen von Speisen und Getränken und von klimatischen Besonderheiten. Außerdem werden in der deutschen Übersetzung die italienischen Dienstgrade beibehalten (Maresciallo, Brigadiere, Tenente, Ispettore, Colonello, Vicequestore usw.) Der Roman macht richtig Lust auf eine Italienreise, aber weniger auf die Lektüre eines weiteren Romans vom selben Autor, der für diesen Roman erstaunlicherweise mit einem renommierten Preis für Kriminalliteratur ausgezeichnet wurde. “Die linke Hand des Teufels” liest sich nicht schlecht, aber besonders spannend ist dieser Krimi nicht.