Der schmale Grat.

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stresserella Avatar

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Clara Konrad nennt sie sich, die vermeindliche Lügnerin, die während des Aufenthalts in einer Privatklinik ihre außergewöhnliche Geschichte erzählt. Vermeindlich, denn was sie behauptet scheint zwar gar unmöglich, aber ist es das wirklich? Ihre Zuhörerin, die Therapeutin der Einrichtung, ist zunehmend verunsichert und merkt bald, dass die Behauptungen ihres Gegenübers auch sie zu betreffen scheinen.

Noch kein Buch habe ich schneller gelesen und ich schreibe wirklich ungern Rezensionen, ich bin einfach nicht gut darin. Einen Abend habe ich für Friedemann Karigs Roman gebraucht und ich muss darüber reden, denn es hat mich so überrascht und mitgerissen. Je absurder es wurde, desto mehr musste ich wissen, wohin das Ganze führt, konnte, wie die Therapeutin, mit jeder weiteren Seite weniger sagen was Wahrheit und was Lüge ist. Oder was Lüge war und Wahrheit wurde. Und was macht die Lüge überhaupt zur Wahrheit? Ist es der Glaube ihrer Zuhörer oder eine höhere Macht?

Der Autor bietet dem aufmerksamen Leser einigen Anreiz zum Nachdenken, nicht nur über das offensichtlich vorherrschende Thema „Wahrheit und Lüge“. So spricht er beispielsweise ebenfalls an, welche Rolle das geteilte Deutschland im und für das Leben der Protagonistin spielte. Aber auch Leser, die Bücher nicht durchgängig analysieren und interpretieren oder nach einem tieferen Sinn suchen, können an dieser inhaltlich unglaublich unterhaltsamen und mit überraschenden Wendungen gespickten Geschichte ihre Freude finden. Nicht zuletzt haben mich auch Friedemann Karigs Formulierungen, die Wortwahl, sein Schreibstil im Allgemeinen, von „Der Lügnerin“ überzeugt. Die Coverwahl finde ich gelungen, im Nachhinein betrachtet greift das verschwommene Bild das Thema meiner Meinung nach ganz gut auf.

Friedemann Karig hat mit „Die Lügnerin“ ein Buch geschaffen, das mich auf vielen Ebenen begeistert hat und dessen Lektüre ich meinen Mitmenschen mit Sicherheit noch öfter ans Herz legen werde.