Der Leichnam eines Kindes

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bavaria123 Avatar

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Das Buchcover ist auffällig und erinnert mich an ein sehr altes Lehrbuch der Medizin. Und das passt absolut zum Inhalt.

Der Autor Tore Renberg war mir bis dato nicht bekannt, obwohl bereits vier seiner Bücher in Deutschland erschienen sind.
Auch als Musiker, er spielt Geige und Klavier und war und ist in verschiedenen norwegischen Bands aktiv, ist er mir noch nicht aufgefallen.
Die Thematik des aktuellen Buches hat mich aber sehr interessiert, zumal es in Leipzig spielt, einer Stadt die ich kürzlich besucht habe.

Tore Renberg nimmt uns mit in die Jahre 1681-1696. Der Dreißigjährige Krieg, einer der längsten und blutigsten Auseinandersetzungen in Europa, liegt 33 Jahre zurück und gerade fegt letztmalig die Pest über Leipzig.
Die gerade einmal 15 Jahre junge Anna Voigt ist angeklagt, ihr neu geborenes Kind getötet zu haben. In dem spektakulären Fall verteidigt sie der Rechtsgelehrte Christian Thomasius mit Hilfe von dem Doktor Johannes Schreyer.
Erzählt wird der Roman in sechs Büchern bzw. einundvierzig Kapitel.

Ein Buch mit 702 Seiten muss mich zügig in die Geschichte ziehen, damit ich es nicht wieder weglege. Und genau das ist diesem Werk gelungen.
Man muss bereit sein, sich teilweise auf barocke Sprachgewohnheiten einzulassen und durchaus ein Faible für Medizin und Rechtsprechung haben, damit man sich für das Buch begeistern kann.
Der Autor hat für das Buch jahrelang recherchiert und erzählt die Geschichte der Anna Voigt gespickt mit diversen wahren Begebenheiten.

Auch wenn der Schreibstil ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, da einige etwas langatmige Passagen, manche Schachtelsätze und Sprünge in Zeit und Perspektive zu überwinden sind, kann ich das Buch empfehlen. Manche Szenen sind brutal und haben mich schauern lassen, aber ich denke, sie sind den damaligen Situationen nachempfunden.

Ein wenig schade ist es, dass der ausführliche und wirklich hoch interessante ausführlich Anhang nur mittels Code über einen PDF-Download zu lesen ist. Auch wenn ich verstehe, dass das Register, die Karten und die Quellenhinweise das dicke Werk noch zusätzlich umfangreicher gemacht hätten.