Vaters Katzen

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heike lohr Avatar

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Meine Erwartungshaltung an das Buch wurde nicht erfüllt. Es ging nicht mehr um die Behebung einer Schreibblockade, unter welcher die allein stehende Schriftstellerin und Kolumnistin Noriko, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, leidet, sondern nur noch um die Katzen.
Meine Enttäuschung hielt nicht lange an, weil die einfühlsame Beschreibung der Katzentaten berührend und angenehm zu lesen ist. Die Katzen unter dem Magnolienbaum werden zu einer Erinnerung an den Vater, der für Noriko bei Studienbeginn diesen Baum gepflanzt hat. Gleichzeitig hatte ihr Vater immer ein schlechtes Gewissen, weil er in seiner Kindheit am Straßenrand Katzen gefunden hatte, die er nicht mit nach Hause nehmen durfte. Als er wieder an der Stelle vorbeikam, wo er sie gefunden hatte, gab es dort nur mehr Skelette. Die Katzen waren verstorben.
Vielleicht hatte die Familie deswegen einen Hund als Haustier.
Mimi, die streunende Katzenmutter, und ihre neugeborenen Kinder bringen den Haushalt von Mutter und Tochter durcheinander. Alles verändert sich, alles dreht sich nur mehr um die Katzen, so dass Noriko irgendwie schreibt und arbeitet. Es gelingt leichter durch die Ablenkung, die von den Katzen ausgeht.
Auf einmal fallen den beiden Frauen Familienmitglieder und allerhand Bekannte ein, die mit den gefundenen Streunern und deren Versorgung helfen können. Sogar Norikos Redakteurin entpuppt sich als Katzenliebhaberin mit vielen Fotos ihrer Katze. Sprachlich gut gestaltet und mit netten Szenen liest sich das Buch flüssig und angenehm, wie ein leise plätschernder Bach.
Auch wenn man peripher erfährt, dass die Katzen eine angenehme Atmosphärie für die Autorin schaffen, ihr Verhältnis zur Mutter verbessern, was auch wunderschön und einfühlsam beschrieben wird, so bleiben Schreiben, Beruf und andere technische Teile der Überlebenssicherung von Noriko vollkommen im Hintergrund, weil es nur noch um jedes einzelne berührende Erlebnis mit den Katzen geht. Ja, ich weiß, dass sich die Katzen auf Norikos Schoß setzen, wenn sie am Schreibtisch sitzt.
Sie hat kein Glück mit Beziehungen und hat auch keine Kinder bzw. ihre Mutter keine Enkelkinder.. Dafür haben die Katzen die Funktion der Enkelkinder übernommen. Auch wenn die Mehrheit zu anderen Familien kam, bleiben Mimi und Taro bei Mutter und Tochter.
Durch das Leben mit den Katzen wird das Leben wieder heller und das Arbeiten fällt leichter. Ja, die zwischenmenschlichen Kontakte verbessern sich in allen Bereichen.
Das Buch beschreibt hauptsächlich die Pflege der Katzen und deren Verhaltensweisen. Das hat mich einerseits etwas enttäuscht, doch gleichzeitig fühle ich mich in einer märchenhaften japanischen Idylle gefangen. Das ist kein unangenehmes Gefühl und hat mir das Weiterlesen zu einem ruhigen und entspannenden Erlebnis gemacht. Ich glaube, dass die Übersetzungsleistung gelobt werden muss, da mir die japanische Lebensweise und Sichtweise auf die Ereignisse gut eingefangen scheint.
Das Buch ist in seiner ruhigen und beschaulichen Art sehr empfehlenswert.