Gut oder Böse?

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Der Thriller „Die Marseille Connection“ von Massimo Carlotto behandelt die globale Finanzkriminalität. Darin tauchen viele Charaktere auf, die sich im Laufe der Geschichte miteinander in Verbindung setzen lassen. Zu den Protagonisten gehört zum einen eine Gang (Dromos) aus vier ehemaligen Studenten aus Leeds, die schnelles Geld machen wollen. Diese besteht aus dem Russen und Ex-Mafioso Sosim Katajew alias Aleksandr Peskow alias Kevin Finnerty, dem Inder Sunil Banerjee und dem Italiener Guiseppe Cruciani, die beide mit illegalem Organhandel zu tun haben, sowie der Schweizerin Inez Theiler, die sich um die finanzielle Seite kümmert. Sosim kommt nach Marseille, nachdem er im Auftrag des russischen Inlandsgeheimdienstes unter Leutnant Ulita Winogradowa seinen Mafiaboss umlegt und in ihrem Auftrag in Marseille arbeiten soll. Die vier wollen mit der sogenannten Bremond-Clique Geschäfte machen, wodurch sie ins Augenmerk der Polizistin Bernadette Bourdet alias B.B. geraten, die mit unkonventionellen Mitteln arbeitet. Sie arbeitet mit dem Paten der korsischen Mafia Armand Grisoni zusammen und lässt den Paraguayaner Esteban Garrincha alias Juan Santucho durch gewaltsame Mittel für ihn arbeiten, der wiederum aus dem Drogenmilieu kommt.
All diese verschiedenen Charaktere werden im Laufe der Handlung miteinander verknüpft. Die Masse an Charakteren macht es zunächst jedoch schwer, den Überblick zu behalten. Zudem wird dies dadurch erschwert, dass manche Personen eben mehrere Namen haben und teilweise zwischen Vor- und Nachnamen gewechselt wird. Eine Legende am Ende des Buches hilft jedoch dabei, sich zu orientieren, sollte man den Überblick verloren haben. Die Charaktere sind so gezeichnet, dass alle sowohl negative als auch positive Züge haben, was die Personen realitätsnäher macht. Es gibt also kein Gut und Böse, und gerade das zeichnet dieses Buch aus. Dies bedeutet jedoch auch, dass es keinen Sympathieträger gibt, mit dem man sich identifizieren könnte. Dieser Aspekt verleiht dem Buch aber nicht nur Realitätsnähe, sondern regt auch zum Nachdenken an.
Thematisch behandelt werden in diesem Thriller Mafia, Organhandel, Drogen, Sex, die Finanzwelt, Waffen und Geldwäsche. In die Geschichte muss man sich allerdings zunächst erst einmal hineinfinden. Erst später werden die Handlungsstränge verständlicher, je besser man die Verbindungen versteht. Sie lässt sich jedoch zügig lesen und daher ist dieses Buch auch für Zwischendurch geeignet. Die Sprache ist sehr direkt und kraftvoll. Jedoch finden sich auch sprachlich merkwürdige Stellen im Text; so wird beispielsweise „dringend“ an die Tür geklopft.
Fazit: Wer diese Art von Thriller mit direkter Sprache mag, dem ist dieses Buch durchaus zu empfehlen. Jedoch ist es kein klassischer Thriller, und wenn man einen solchen erwartet, könnte man enttäuscht werden.