Schlechte Connections – gutes Buch!

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trinity 41 Avatar

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Wer die Lebensgeschichte Massimo Carlottos kennt, kann sich auch ein Bild seiner Sicht auf die Welt machen. Er wurde zu Unrecht zu 18 Jahren Haft verurteilt und war in der Folge 5 Jahre auf der Flucht und 6 Jahre in Haft. Er musste 11 Prozesse ausfechten, um schließlich, 15 Jahre nach der Verurteilung, aufgrund des starken öffentlichen Drucks, begnadigt zu werden. Es fällt nicht schwer, daraus eine persönliche Verbitterung und eine konkrete Verurteilung des Systems (v.a. des Justizsystems) abzuleiten. Und somit das Bild einer Welt, die der Korruption anheimgefallen ist.
Dieses Bild spiegelt sich im vorliegenden Thriller/Krimi wieder.
Das Cover: es handelt sich um die Skyline Marseilles. Hier spielt der Wirtschaftsthriller. Das Cover ist in schwarz-weiß gehalten.
Das Weltbild: es ist ein Bild der Welt als skrupelloses, korruptes Gefüge, in dem selbst die vermeintlich Guten mit unlauteren Methoden arbeiten müssen, um zu überleben.
Die Jugend: es handelt sich einerseits um eine belesene, gebildete, gar hochbegabte Jugend. Einer Jugend jedoch, die sich andererseits durch ihre unsägliche Gier, ihre fehlende Moral und ihr Machtstreben um jeden Preis auszeichnet.
Als logische Folge daraus gehören auch die Protagonisten zu dieser machtgierigen Jugend, die bei Bedarf auch über Leichen geht. Die vier ehemaligen Kommilitonen Sosim Katajew (alias Aleksandr Peskow), Sunil Banerjee, Giuseppe Cruciani und Inez Theiler machen sich die Welt zu Eigen. Sie legen sich dafür sogar mit der russischen Mafia an, um die eigenen Machenschaften verfolgen zu können. Die Globalisierung spielt ihnen bei ihrer Zielsetzung in die Hände.
Sosim ist Wirtschaftsexperte und Kopf der Gang, Sunil der Gründer, Guiseppe Inhaber der Klinik, die den Organhandel betreibt, und Inez kümmert sich um die Finanzen der Gang (und um Sosim). Ein perfektes Ensemble, um die Welt mit Organhandel, Betrug, Geldwäsche und Ökokriminalität weiter zu vergiften.
Nur die ermittelnde Kommissarin Bernadette Bourdet durchschaut das Spiel. Allerdings ist auch sie zwischenzeitlich gezwungen, zu unlauteren Mitteln zu greifen, um den Verbrechern das Handwerk zu legen. Bourdet ist ohnehin nicht unbedingt den „Guten“ zuzuordnen. Es gibt in diesem Zusammenhang kein „Gut und Böse“. Es handelt sich vielmehr um eine untrennbare Vermischung von Beidem, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint.
Der Thriller/der Krimi hat mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert und mitgerissen. Er malt ein düsteres Zukunfts- (und/oder Gegenwarts-?) Szenario von Morallosigkeit und düsteren Machenschaften auf der internationalen Bühne. Vor Allem die Tatsache, dass ein Thriller, der von Wirtschaftskriminalität handelt, so spannend sein kann, hat mich überzeugt.
Ich will dabei nicht ausschließen, dass der Inhalt bereits Realität ist. Ganz im Gegenteil. Das ist selbstverständlich der schockierende Teil der Geschichte. Daher gilt mein „begeistert“ auch nur, sofern es gelingt, die realistische Komponente beim Lesen kurzfristig auszublenden… und sich mit der trostlosen Realität später intensiv auseinanderzusetzen.