365 Tage im Leben eines Antihelden

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aitutaki Avatar

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„Der Mauersegler“ von Fernando Aramburu ist mit seinen 800 Seiten nicht in zwei Tagen gelesen (zumindest nicht von mir…), doch der Aufwand lohnt sich allemal! Ihm ist es gelungen, einen zeitgenössischen, epischen Roman zu schreiben, der sowohl Geschichte als auch Politik zusammen mit spannenden Charakterstudien zu verbinden vermag.

365 Tagen soll das Leben unseres Antihelden Toni noch dauern, danach soll Schluss sein. Er ist seines öden Lebens als Philosophielehrer an einem Madrider Gymnasium überdrüssig und so beschliesst er, Mitte Fünfzig sein Leben zu beenden. Während seines letzten Lebensjahres führt er eine Art Tagebuch, in welchem er allerlei Einträge macht: Er berichtet über vergangene Erlebnisse, über Aktuelles und so gewinnen wir Schritt für Schritt Einblick in sein Leben. Wie war das Verhältnis zu seinen Eltern und seinem Bruder, warum ist seine Ehe gescheitert, über seinen Sohn und seien Freundschaft zu Agueda. Mit jeder Erzählung hat man das Gefühl, Toni entledigt sich einer Last, schreibt sich seinen Frust von der Seele und plötzlich wird auch sein Leben wieder emotionaler und sozial vielseitiger. Und obwohl ich Toni zu Beginn nicht eben als Sympathieträger wahrnahm, versteht man ihn immer besser und kann eine Verbindung zu ihm aufbauen.

Eine sehr berührende Geschichte und Fernando Aramburu vermag durch seine besondere Schreibweise zum Nachdenken anzuregen. Vielleicht an einigen Stellen etwas langatmig, aber mehr als nur lesenswert, vorausgesetzt man ist gewillt, sich auf die Geschichte einzulassen.