Vergnügliche Lektüre

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Fernando Aramburo, der mit seinem Roman Patria ein vielbeachtetes und sehr glungenes Buch über zwei im baskischen Freiheitskampf der 1980er Jahre zerrissene Familien schrieb, hat nun mit Die Mauersegler ein mit 830 Seiten sehr umfangreiches Werk vorgelegt, das auf den ersten Blick im Gegensatz zu Patria ganz unpolitisch daherkommt. Toni, ein 54 Jahre alter Philosophielehrer ist des Lebens überdrüssig und beschließt, am 1. august des kommenden Jahres aus dem Leben zu scheiden. bis dahin will er alles geregelt haben und für seinen Sohn Nikita, Mitte 20 und ein ziemlicher Versager, eine Art Lebensbeichte zu schreiben. Warum er sterben will, weiß er selbst nicht genau. Zwar ist er von der schönen Amalia, die sich mehr zu Frauen hingezogen füht, geschieden und sein Leben ist recht eintönig, sein Bruder Raoul hasst ihn und die Mutter beginnt, dement zu werden. Dennoch geht es ihm, objektiv gesehen, recht gut. Er hat einen besten Freund, "Humpel", dem es seit einem Attentat und dem dadurch bedingten Verlust eines fusses viel schlechter geht und mit Agueda eine alte Freundin, die ihn liebt. Seine Hündin Pepa liebt er sehr. Und mit seiner Sexpuppe Tina verlebt er die eine oder andere schöne Stunde. Dennoch vergeht er vor Selbstmitleid, ist ein unbelehrbarer Misanthrop, ein ewig grantelnder Macho. Warum man ihn dennoch irgendwie mag liegt an der Selbstironie und dem Zynismus, mit dem er nicht nur auf seine Umwelt, sondern auch auf sich selbst schaut.
Die Mauersegler ist ein kluger, humorvoller, tragikomischer Text über unsere oberflächliche Gegenwart, in den Kommentaren Tonis zu Politik und Gesellschaft nicht immer korrekt, spöttisch und auch auf die lange Stecke sehr vergnüglich.