Spannender Histo-Krimi mit einem interessanten Thema

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rebekka Avatar

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Die Frage, ob Gott und sein Sohn Jesus Christus „wesensgleich“ oder nur „wesensähnlich“ sind, hat die frühen Christen bis aufs Blut gereizt und drohte, die gerade erst geschaffene Religion zu spalten. Ausgerechnet ein Heide, der römische Kaiser Konstantin, traf schließlich die Entscheidung: Er sagte, sie seien ein und dasselbe, also „wesensgleich“. Auch wenn die katholische Kirche fortan an diesem Dogma festhielt, gab es doch immer wieder Menschen, die das anders sahen. Sie durften ihre Zweifel nur nicht laut äußern, denn sonst hätte man sie als Ketzer verbrannt.

Genau darum geht es in diesem Roman. Adriana, eine junge Gelehrte, fahndet als Mönch Adrian verkleidet 1385 nach einem Schriftstück, das die Behauptung von der Wesensgleichheit als blasphemisch bloßstellt. Zu diesem Zweck sucht sie ein Benediktinerkloster an der Enns auf, in dessen Bibliothek das Dokument „in einer verstaubten Kammer vor sich hin dämmern“ soll. Dabei muss sie gleich zwei Geheimnisse wahren: Zum einen, dass sie eine Frau ist. Und zum anderen, dass es ihr um ein solches häretisches Testament geht. Beides kann sie das Leben kosten, wenn es herauskommt.

Um diese gefährliche Suche spinnt Peter Orontes einen überaus spannenden Mittelalter-Krimi, der den Leser und die Leserin 465 Seiten lang in Atem hält und dabei – anders als bei seinem vorigen Roman „Die Siegel des Todes“ - niemals Langeweile aufkommen lässt. Das Leben im Kloster beschreibt er so detailreich, als sei er selbst dort gewesen, macht auch vor den menschlichen Schwächen der frommen Brüder nicht halt und bringt seine Protagonistin durch clevere Deduktion nach vielen überraschenden Wendungen auf die Spur eines brutalen Mörders.

Bei allem Lob muss sich Peter Orontes allerdings auch leise Kritik gefallen lassen. Ein Kloster mit einer gut ausgestatteten Bibliothek und ein Buch, das für die katholische Kirche so gefährlich ist, dass ein fanatischer Geistlicher lieber mordet, als zuzulassen, dass es bekannt wird – hat man das nicht früher schon mal gelesen? Umberto Eco wüsste die Antwort.