Lichtenwalds erste Runde

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
miss marple 64 Avatar

Von

Der Autor verlangt dem Leser schon im Prolog viel ab, werden wir doch Zeuge des Mordes an einer jungen Frau. Wenig später lernen wir Robert Lichtenwald kennen, ein ehemaliger Strafverteidiger aus München, der sich in die Toskana zurückzog, um sich nach einer schwierigen Zeit wieder zu sammeln und neu zu finden. Doch alles, was er in seiner neuen Heimat- in der er ein kleines Bauernhaus auf dem Gut des Conte di Montecivetta sein eigen nennt- findet, ist auf einem gemeinsamen Ausflug mit dem Conte in den Naturpark Maremma die Leiche jener jungen Frau aus dem Prolog. Schnell erkennen beide, dass sie oder auch er, denn sie haben es hier mit einem Hermaphroditen zu tun, wohl von dem Straßenstrich stammen muss, an dessen nächtlichen Überresten sie gerade vorbeigekommen sind. Schnell entspinnen sich in den kleinen Ort Marcone Gerüchte über den möglichen Täter. Schon bald gerät Lichtenwald mitten hinein in die Ermittlungen und folgt gemeinsam mit der Lokalreporterin Giada Bianchi, die das Schreibwarengeschäft ihrer Eltern im Ort führt, den Spuren des vermeintlichen Täters.
Die Geschichte ist spannend geschrieben, wird doch der Leser lange im Ungewissen gelassen und ermittlungstechnisch auf Irrwege geführt. Stefan Ulrich führt uns aus verschiedenen Blickwinkeln an die Lösung des Falles heran, denn er stellt nicht nur die ermittelnden Beamten in den Mittelpunkt, sondern lässt Laien-wie Lichtenwald und Giada- die Ermittlungen mit beeinflussen. Das gefällt mir persönlich sehr gut. Trotzdem wünsche ich mir bei einer möglichen Fortsetzung, dass die Figuren noch stärker gezeichnet werden und für den Leser in ihrer Person noch charakteristischer werden. Außerdem sollten eventuell in einem Glossar die verwendeten italienischen Wörter erklärt werden-denn nicht jeder Leser verfügt über dementsprechende Sprachkenntnisse, zumal der Autor sie unverhältnismäßig oft verwendet.
Bleibt für den Leser zu hoffen, dass Lichtenwald bald wieder in seinem Bauernhaus in der Maremma kocht und guten Wein genießt, seinen neu angelegten Garten pflegen kann und vielleicht mit Giada einem neuen Verbrechen auf der Spur ist. In der Zwischenzeit könnte ja der reisebegeisterte Leser vor Ort die wunderschöne und geschichtsträchtige Landschaft der Südtoskana besuchen.