Brisantes Thema vor der Bundestagswahl

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Die starken Farben des Buchcovers mit dem Bild aus der Mischung von Strudel, magnetischem Feld und überwachendem Auge lassen einen Thriller vermuten. Und in der Tat – dieser Roman ist auch einer! Ein Politthriller, der übersteigerten Fanatismus, Einflussnahme durch soziale Medien und das dumme, bornierte und intolerante Gesicht der Massen skizziert. In flüssigem Sprachstil wird dabei nicht mit provokanten, markigen Einschüben gespart, ganz im Sinne der allseits beliebten 'Social-Media-Mania'.

Das Kernthema des Romans behandelt die schier unglaubliche Einflussnahme einer neuen Bewegung, die das Ziel des Austauschs der vorhandenen demokratischen Strukturen verfolgt. Aus der Ich-Perspektive gewährt der Protagonist, Georg Herzfeld, bereits zu Beginn einen Einblick in sein Leben als Influencer. In seiner Youtube-Show 'Herzfelds Herzschlag' klagt er politische und gesellschaftliche Missstände an und beschreibt dabei seine Vorstellung einer staatlichen Führung. Dabei konfrontiert (oder bindet?) er seine 9 Millionen Follower durchaus auch mit Schimpfwörtern und Gewaltfantasien. Doch es gibt neben der provokanten, auch eine andere, emotionale Seite an Georg. Als sein Vater Selbstmord begeht, nachdem die Bank ihm seine Kredite gekündigt hat, begibt sich Georg auf einen Rachefeldzug gegen den Vorstandsvorsitzenden der Bank. Leider sind die kompromittierenden Fotos über den Banker nur Fake und Georg hat nun eine Millionenklage am Hals. Als ihm der charismatische Popstar Götz Wolf einen Rettungsanker zuwirft, in Form einer Mitarbeit bei dessen Bewegung 'Morgenröte', greift Georg zu und tritt dem Bündnis bei, zusammen mit seinen Millionen Followern. Leider zeigen Götz und seine Mitstreiter zunehmend ihre hässlichen Fratzen, indem sie ihre Umwelt nach ihren Regeln beherrschen, manipulieren und auch vor Mord nicht zurück schrecken. Dabei verfolgen sie ein klares Ziel: bei der kommenden Bundestagswahl die Herrschaft zu übernehmen. So beginnt ein atemberaubender Wettlauf für Georg, seine Freundin Sophie und seine Tante Nellie, um aus dieser Machtspirale zu entkommen.

Die Idee der Geschichte hat mich ziemlich beeindruckt. So abstrus wie sie erscheint, so realitätsnah erlebe ich die Strömungen doch in Ansätzen auch in unserer Gesellschaft. Diese werden in der Geschichte durchaus reflektiert: die Unzufriedenheit und das Abdriften sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen, die zunehmende Macht des Kapitals, die Hilflosigkeit der Politik angesichts der multiplen aktuellen Probleme, das Vordringen skrupelloser diktatorischer Männer in manchen Staaten, die Möglichkeit der uneingeschränkten inländischen und ausländischen Meinungsmache über Social Media und leider auch der Manipulierbarkeit der Bevölkerung bedingt durch Desinteresse, bis hin zur Agonie, sich mit politischen Themen auseinander zu setzen – wahrlich es ist die Zeit für des Wahnsinns fette Beute.

Ja, ich denke, dieser Roman erzählt eine außergewöhnliche Geschichte, die jedoch neben der Fiktion gleichermaßen ein gar nicht so kleines Quäntchen Wahrheit beinhaltet. So prüfet wen ihr wählt, denn: „Demokratie heißt, die Wahl haben. Diktatur heißt, vor die Wahl gestellt sein (J. Luczak)“.