Ein unbequemes, aber wichtiges Buch

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jazebel Avatar

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Als Exil-Ostdeutsche beschäftigt mich das Thema Rassismus sehr, sowohl der aktuelle als auch der historische. Aufgewachsen bin ich zu einer Zeit, in der es in Sachsen-Anhalt völlig normal war als Jugendliche*r Neonazi zu sein, genau so normal wie es war Gothic, Metaller oder Hip Hopper zu sein. Diese Selbstverständlichkeit andere Menschen grundlos hassen zu dürfen verfolgt mich bis heute.

Deshalb war Colson Whiteheads neues Buch eine Pflichtlektüre für mich. Den Autor kannte ich schon von Underground Railroad, welches in den USA zur zeit der Sklaverei spielt. In 'Die Nickel Boys' beschäftigt sich Whitehead mit institutionellem Rassismus und Gewalt in staatlichen Erziehungseinrichtungen am Ende der Ära der amerikanischen Rassentrennung. Der Roman ist angelehnt an einen echten Fall.

Der junge Elwood ist strebsam, will aufs College und studieren. Er arbeitet hart dafür, in der Schule sowie in seinem Nebenjob um seine Bildung bezahlen zu können. Leider ist dies in den Sechzigern nicht selbstverständlich für einen schwarzen Jungen wie ihn. Er macht bereits als Kind erste Erfahrungen mit Rassismus. Als er als Jugendlicher durch einen unglücklichen Zufall zu Unrecht verurteilt wird, kommt er in die 'Besserungsanstalt' Nickel School. Um seine Erfahrungen dort geht es in diesem Roman vorrangig.

Whitehead schreibt wie immer bildgewaltig und emotional. Das Thema fasst er in eine anrührende und aufrührende Geschichte. Man bleibt am Ende traurig, geschockt und auch wütend zurück. Damit lässt der Autor die Leserschaft allein und ich denke, das hat er auch so gewollt. Die Zitate von Martin Luther King jr., die hier immer wieder einfließen (Elwood hört diese auf einer Schallplatte) geben dem Roman die nötigen Lichtblicke.

Für mich ein wichtiger Roman, den ich weiterempfehlen kann, wenn man vor unbequemen Themen und Ungerechtigkeit nicht zurückschreckt.