Elegische Gefühle!

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straßenprinzessin Avatar

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Wir müssen tief in unserer Seele glauben, dass wir jemand sind, dass wir bedeutsam sind, dass wir etwas wert sind, und wir müssen die Straße des Lebens in diesem Gefühl der Würde und in diesem Gefühl des Jemand-Seins beschreiten. (Seite 30/31)

Ein bisschen hat mich die Geschichte, samt ihrem Erzählstil, an den Film „Sleepers“ von L. Carcaterra erinnert. Allerdings mit einem erschreckend großen Unterschied, die farbigen Nickel Boys sind schon allein wegen ihrer Hautfarbe schuldig und müssen ein noch härteres da sein in der Anstalt fristen, als eh schon von allen abverlangt wird.
Von Anfang bis Ende gelingt es dem Autor Whitehead eine sehnsuchtsvolle und schwermütige Grundstimmung zu schaffen. Man bleibt in der Glocke aus Angst, Unverständnis, bedauern und betrauern hängen. Was am Anfang genau deshalb noch beeindruckend war, lässt einem am Ende ernüchternd zurück. Die Hoffnung und die positiven Veränderungen, die es durchaus gibt, schaffen es nicht als solches zu bestehen.

Ganz allgemein gesagt, waren die Nickel-Jungs vor, während und nach ihrer Zeit in der Anstalt am Arsch. (Seite 152)

Die Geschichte ist in 3 Episoden aufgeteilt, bei denen es hauptsächlich um Elwood sein Leben vor, während und nach der Nickel Academy geht. Ein junges und talentiertes Kerlchen, dem so viel gutes verwehrt bleibt und so viel schlechtes gewehrt wird, einfach, weil er die falsche Hautfarbe für die damalige Zeit hat.
Leider schafft es der Autor, meiner Meinung nach, gerade in dieser Umgebung nicht ganz so gut den tief verwurzelten Rassismus aufzudecken. Keine Frage, gerade der Anfang ist sehr prägnant und auch die härteren und oft (eig. immer) ungerechtfertigten Strafen zeigen den Hass auf das “Anders“ sein, aber der Film/Buch von Carcaterra zeigt, dass diese Umgebung unabhängig davon Überlebensfeindlich ist.
Vermutlich hat es echte Straftaten bei den weißen Jungs gebraucht, um einzufahren, doch die Bestrafungen werden genauso willkürlich und Unverhältnismäßig ausgefallen sein, wie bei den farbigen Jungs. Ein Unrecht hebt das andere Unrecht nicht auf. Ob nun 50, 60 oder 80 Hiebe mit dem Gürtel, jeder einzelne ist Verwerflich, ob er nun helles oder dunkles Fleisch zum aufplatzen bringt.
Ich habe etwas mehr erwartet. Mehr Differenziertheit, mehr Emotionen, mehr Kontext und mehr Weitsicht. Das der Verlauf auch innerhalb der Episoden so sprunghaft ist, innerhalb einer ziemlich mageren Seitenanzahl von 220 Seiten, hat, meiner Meinung nach, auch oft die Stimmung nieder gemacht und der Geschichte oft wirre Momente gegeben.
Nichtsdestotrotz ist die Geschichte lesenswert. Whitehead zeigt, was früher so erschreckend falsch lief. Und am Ende ist einem eins um so mehr klar, das es nie wieder dazu kommen darf. Rassismus, und wenn er noch so nichtig erscheint, darf nicht geduldet werden! Kein Mensch ist weniger Wert, nur wegen seiner Hautfarbe, Herkunft, Religion, Geschlecht oder sonstigem Lebensgefühl!


Das Cover, welches ich am Anfang ziemlich unscheinbar und ein bisschen hässlich fand, finde ich nun großartig. Es passt so gut zur Geschichte, die Bedeutung war mir vorher nicht klar.