Grausame Lebensumstände in einer "Besserungs"-Anstalt

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Colson Whitehead macht in seinen Büchern auf die rassistischen Ungerechtigkeiten in der Vergangenheit der USA aufmerksam. Nach Underground Railroad ist er bei den Nickel Boys auf die Mitte des letzten Jahrhunderts eingegangen. Der rassische Unterschied gilt im verstärkten Maße in einer Besserungsanstalt für Jungs in Florida, dem Nickel. Die Misshandlungen dort erinnern stark an Geschichten, wie man sie von Plantagen zur Zeit der Sklaverei kennt. Auspeitschen bis zur Bewusstlosigkeit gehört zum Alltag. Den weißen Jungs in dieser Anstalt geht es etwas besser.
Whitehead erzählt das Schicksal des 16jährigen Elwoods. Er fährt als Anhalter mit, der Wagen ist gestohlen: Elwood wird weggesperrt. Dabei ist er ein guter Junge. Streng erzogen von der Großmutter, sehr gut in der Schule, fähig in seinem Nebenjob wollte er jetzt eigentlich aufs College. Statt dessen sitzt er mit Analphabeten im sporadischen Unterricht, arbeitet auf dem Feld und versucht nicht wieder in das „weiße Haus“ gehen zu müssen.
Die Gewalt im Nickel ist beim Lesen kaum auszuhalten. Doch fast noch schlimmer wirkten auf mich die Beschreibungen des Alltags. Der Wunsch in ein Kino zu gehen, im Bus zu sitzen oder ein Restaurant zu besuchen. Oder auch nur die Hoffnung eines Jungen, als der besuch in einem Restaurant erlaubt war dort auch einmal einen Schwarzen zu sehen, der dieses Recht wahrnehmen kann. Zur Orientierung: das Buch spielt hauptsächlich in den 1960iger Jahren und enthält einige Zitate von Martin Luther King.
Eingerahmt wird Elwoods Story von der Entdeckung eines illegalen Friedhofs auf dem Gelände der inzwischen geschlossenen Anstalt und einem Mann, der sich auf den Weg macht davon Zeugnis abzulegen.

Der Schluss hat eine unerwartete Wendung und der letzte Absatz lässt die Hoffnung aufgehen, dass es irgendwann nicht mehr von Belang ist, welchen Farbton die eigene Haut hat.