Ein Zeitgemälde

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mariederkrehm Avatar

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„Die Passage nach Maskat“ ist ein gelungenes Zeitgemälde, hier feiert das Jahr 1929 Wiederauferstehung. Der Erste Weltkrieg ist noch nicht lang vorbei, schon verdüstert der Nationalsozialismus den Horizont, in wenigen Wochen wird die Börse zusammenbrechen.

Das alles lässt der Fotojournalist Theodor Jung in Gedanken hinter sich, denn er begibt sich auf eine luxuriöse Schiffsreise, begleitet von seiner Frau Dora und deren Familie. Ihr Reiseziel: Maskat im Oman. Der Schwiegervater will dort Geschäfte anbahnen, Jung macht Reisefotos für die Berliner Illustrirte. Und dann verschwindet Dora.

Die Geschichte besticht besonders, wenn man ein Faible für die Zwanzigerjahre hat, denn der Autor beschert uns ein Déjà-vu nach dem anderen. Im Tal der Könige treffen die Passagiere auf den britischen Ägyptologen Howard Carter und sehen zu, wie er gerade das Grab des Tutanchamun ausräumen lässt. Bei einem Kinoabend schaut man zusammen „Metropolis“, einen Film, den zu seiner Zeit kaum jemand im Kino sehen wollte. Nebenbei macht der Leser Bekanntschaft mit der bekannten Skandaltänzerin Anita Berber, die zwar 1929 schon tot war, aber hier als Mitreisende für reichlich Gesprächsstoff an Bord sorgt.

Die Kriminalgeschichte selbst kommt erst spät in Gang, bis dahin müssen wir mit dem Fotografen so manche Runde an Deck drehen, Hinweise auf den Verbleib seiner Frau suchen und zahlreiche verdächtige Mitreisende belauschen. Wer allerdings sein Vergnügen eher am Reisen in vergangene Zeiten hat, wird hier vortrefflich bedient.