Zeitgemälde einer jungen Generation

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Autor Vincenzo Latronico gelingt in seinem Roman „Die Perfektionen“ etwas besonderes. Auf nur 125 Seiten läßt er uns am Leben von Anna und Tom teilhaben. Die beiden jungen Leute sind ein Paar, ziehen nach Berlin, um am Puls der Zeit zu sein. Sie machen in „Grafik und Kommunikation“ und richten ihr Leben zum Teil nach Instagram und Co aus. Durch den Sprachstil der indirekten Rede wird man als Leser:in nicht teil der Geschichte, man bleibt in der beobachtenden Rolle und erhält das Zeitgemälde eines Teils der jungen Generation. Die Altbauwohnung wird nach der Kunst der schönen Fotografie auf Instagram in Szene gesetzt; dass die Fenster zugig sind, die Rohre verstopft und Anna und Tom ihr Geschirr für die Fotos austauschen und sonstiges Herumliegendes in Schränke stopfen und auf dem Dachboden verstecken, zeigt uns, dass nach außen alles perfekt erscheinen soll. Früher hätte man gesagt, „für die Leute“. Dieses „Dabeisein ohne Dabeizusein“ setzt sich fort. Seien es Galeriebesuche, wo man mit Worthülsen auf die Kunst antwortet und nur hingeht, weil alle hingehen, sei es die Umtriebigkeit an anderen Orten im Ausland nach Schönem und Sinnstiftung zu suchen. Dieses Leben geht manchmal bis zu Selbstaufgabe. Der perfekte Schein nach außen ist wichtiger als das innere Befinden. Im Laufe des Romans werden die Protagonisten unzufriedener, sind aber nicht ehrlich zu sich selbst und drohen in eine Spirale zu geraten, die sie unglücklich werden lassen könnte. Exemplarisch wird dies deutlich, wenn Anna und Tom damit hadern, dass sie in Werbeanzeigen eine Worthülse an die andere reihen, Grafikelemente hin- und herschieben ohne dass dies Bedeutung hätte.
Insgesamt wird uns gezeigt, dass nicht alles, was nach außen erstrebens- oder nachahmenswert erscheint auch wirklich zu einem glücklichen Leben beiträgt. Ob Anna und Tom die Kurve bekommen? Lest selbst, es lohnt sich und macht nachdenklich. Das Cover passt gut zum Inhalt des Buches, das Wechselspiel zwischen Weiß und Grau triff es passend.