Anders als erwartet

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meinekleinebüchersucht68 Avatar

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Nach zahlreichen Buchveröffentlichungen (wie z.B. Die Frauen vom Alexanderplatz 2020) hat Elke Schneefuß nun ihr neustes Werk „Die Postbotin“, welches im Oktober 2023 im Heyne Verlag erschienen ist, vorgelegt. Ich liebe historische Romane und wenn diese noch in Berlin spielen umso mehr. Das Cover und die dazugehörige Leseprobe haben meine Neugierde mehr als nur geweckt und so tauchte ich in die Berliner Welt um 1920 ein.

Der flüssige und leichte Schreibstil der Autorin gefiel mir, wie schon im Roman „Die Frauen vom Alexanderplatz“ erneut. Ab der ersten Seite tauchte ich in die 20er Jahre Berlins ein und ab. Aber nicht nur der Erzählstil trug dazu bei, sondern auch die detaillierte Kulissenbeschreibung. Vor meinem geistigen Auge lief ich die Gegend, in der die Geschichte spielte ab. Sowas liebe ich. Leider gefielen mir die Charaktere überhaupt nicht. Ganz egal wen man hier herausnehmen würde, sie waren mir allesamt unsympathisch und irgendwie unnahbar. Anfreunden konnte ich mich mit keinem von ihnen.
Die Geschichte handelt von den Postangestellten Regine und ihrer besten Freundin Evi, die immer abwechselnd erzählt wird. Beide sind mit ihrer Arbeit zufrieden, aber jetzt droht Regine der Rauswurf. Die Kriegsaushilfen, wozu auch Regine zählt, sollen entlassen werden, da die Männer aus dem Krieg zurückkehren und in ihren alten Job eingestellt werden sollen. Regine und ihren Kolleginnen wollen sich das aber nicht gefallen lassen und planen einen Streik. Ob sie was damit bewirken, bleibt abzuwarten.
Evi arbeitet als Telefonistin, aber ihr Privatleben macht ihr immer mehr und mehr zu schaffen. Die Trennung von ihrem Freund, aber auch die Suche nach ihrem Bruder schlauchen sie sehr. Als dann auch noch eine berufliche Veränderung ins Haus steht, wird die Lage um Evi immer heikler. Ob sie ihr Leben wieder in den Griff bekommt?

Während des Lesens merkte ich, mit wieviel Herzblut Elke Schneefuß diesen Roman geschrieben hat. Dank ihrer guten Recherchen hat sie die damalige Problematik der Postangestellten in der Berliner Nachkriegszeit sehr gut dargestellt. Aber und jetzt kommen wir leider zum großen ABER: Als ich den Klapptext und die dazugehörige Leseprobe gelesen hatte, hatte ich eigentlich eine etwas andere Geschichte erwartet und zwar, dass ich als Leserin ein wenig mehr über den Poststreik und ihren Ausgang erfahre. Leider blieb dies außen vor und stattdessen durchlebte ich seitenlang Evis Gefühlswelt. Regines Entwicklung fand ich ansatzweise gut, nur der krönende Abschluss fehlt komplett. Das Ende dieses Romans blieb meiner Meinung nach offen. Entweder weil da noch der zweite Band irgendwann folgt oder der Leser darf seine Fantasie anregen und das Ende selbst gestalten.

Leider kann ich nur 3 Sterne vergeben und 100 % konnte mich der Roman leider auch nicht überzeugen. Schade, dass hier das Potenzial nur halbherzig ungesetzt worden ist.