Mutige und starke Frauen

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niniste Avatar

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In ihrem Roman ,, Die Postbotin" erzählt die Autorin Elke Schneefuss von drei Frauen aus Berlin und ihrem nicht einfachen Leben im Jahr 1919 .

Regine und Lotte arbeiten seit Beginn des 1. Weltkrieges als Aushilfen bei der Post als Briefträgerinnen und ersetzen so die Männer während ihres Kriegseinsatzes. Unglaublich, aber sie erhalten dafür nur die Hälfte des Lohnes der Männer, obwohl sie die gleiche schwere Arbeit verrichten. Auch Evi, Regines Freundin, ist bei der Post beschäftigt, als Telefonistin.

Die Frauen brauchen dringend ihren Verdienst, um den Lebensunterhalt ihrer Familien zu bestreiten. Doch selbst damit kommen sie nur mehr schlecht als recht über die Runden. Häufig bleibt die Wohnung kalt und für ein dringend benötigtes Kleidungsstück ist kaum Geld übrig. So wird ein schrumpeliger Apfel schon zum Luxus. Für die Kriegsjahre waren die Frauen dringend als Arbeitskräfte benötigt. Doch nun ist der Krieg beendet, die zurückkehrenden Männer sollen wieder ins Arbeitsleben gebracht werden. Dafür sollen die Frauen aus dem Dienst entlassen werden. Ohne Rücksicht, ob sie auf das Gehalt dringend angewiesen sind , sind sie doch häufig der einzige Verdiener in der Familie. Viele sind verwitwet und haben oftmals Kinder oder Eltern zu versorgen. Die Briefzustellerinnen wollen sich das nicht gefallen lassen. Daher schließen sie sich für ihren Protest zusammen, um sich zu wehren. Regine wird zum Anführen ihrer Bewegung ausgewählt. Da sie sich Unterstützung erhofft, sucht sie den Kontakt zur Gewerkschaft, wo sie auf den attraktiven Kurt Bödecker trifft. Er lässt schnell ihr Herz höher schlagen, wenn sie an ihn denkt. Ihre Eltern haben allerdings den älteren Bäcker Smolka als Ehemann für sie im Blick. Mit ihm , so denken sie, wäre Regine gut versorgt, schließlich hat er eine eigene Bäckerei . Evi hat mit der Trennung von ihrem Geliebten zu kämpfen, kümmert sich zuhause um ihre depressive Mutter Bernadine und vermisst schmerzlich ihren Bruder Gerald, der noch immer nicht aus dem Krieg zurück gekehrt ist. Währenddessen ist ihre Kollegin und Freundin Gretchen wohl die neue Gespielin ihres Verflossenen. Lotte gerät ins Visier der Polizei und gerät in große Schwierigkeiten. So haben sie zusätzlich zur Sorge um ihren Arbeitsplatz und ihr Auskommen, jede mit ihrem eigenen Problemen zu kämpfen.

Elke Schneefuss erzählt die Geschichte dieser Frauen stellvertretend für viele , die während der Kriegsjahre,, ihren Mann " stehen mussten und nun wieder in ihre alte Frauenrolle , ins Haus und an den Herd, zurück gedrängt werden sollen. Aber kampflos wollen sie sich nicht geschlagen geben.

Der wunderbar flüssige und hervorragend bildhafte Schreibstil haben mich von der ersten Seite an nach Berlin und mitten in das Leben der Protagonisten entführt. Eindrucksvoll hat die Autorin die Schwierigkeiten, die Sorgen und Ängste der Bewohner des Brunnenviertels dargestellt. Die alltägliche Not mit dem wenigen Geld das Nötigste zu beschaffen ist deutlich spürbar. Durch detaillierte Beschreibungen konnte ich mich mit ihnen auf den Weg durch die Straßen und Wohnungen machen. Es entstanden schnell Bilder von ihrer Kleidung und ihren Arbeitsabläufen vor meinen Augen,. Besonders ihre Sorgen und Ängste , ihre Gedanken und Gefühle konnte ich spüren und nachvollziehen. In jede einzelne Person konnte ich mich perfekt hineinversetzen.

Auch wenn Regine sich manchmal selbst als unwissend oder naiv bezeichnet, hat mich ihr Verhalten beeindruckt. Sie wehrt sich , um sich ihren eigenen Weg zu erkämpfen und das ist nicht naiv, sondern mutig.

Der Kampf um den Arbeitsplatz ist sehr schön mit dem persönlichen Päckchen der Protagonisten verknüpft. Wie weit wird der Protest gegen die Regierung gehen ? Was kommt dabei heraus und was werden die Frauen im Privaten so ertragen und erleben ?

Elke Schneefuss hat einen spannenden und interessanten Roman über die ersten Protestbewegungen der Frauen für ihre Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen geschaffen, der durch die persönlichen Aspekte der Protagonisten wunderbar gefühlvoll ist.

Sehr gut gefällt mir auch der schöne Stadrplan von Berlin in der vorderen Klappeninnenseite. So konnte ich jeden Weg der Personen nachvollziehen . Im Nachwort zeigt die Autorin auf, wie sich die Örtlichkeiten verändert haben. Eine spannende Geschichte über die Gebäude.

Die Geschichte hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Sehr gerne empfehle ich diese emotionale , berührende und interessante Geschichte weiter. Mir hat die Reise nach Berlin ins Jahr 1919 äußerst gut gefallen.