Tinnitus

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heike lohr Avatar

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Die Geschichte ist absonderlich, wenn auch nicht ohne Reiz. Diese ganze Eindeutigkeit, dass ich als Leserin sofort weiß, dass sie diesen Jürgen mit einer Waffe, die er ihr selbst besorgt hat, töten wird, nimmt wider Willen gefangen. Nicht auf das Was des Geschehen kommt es an, sondern auf das Wie und die Begründungen. Der Nachname als Kosename ist eine gute Idee und die Erwähnung, dass der Mädchenname der beiden Inhaberinnen der Cantinetta Zorzi anders lauten.
Natürlich stellt sich die Frage, warum die Zorzi, der Vorname gerät schnell wieder in Vergessenheit gerät, immer wieder in Beziehungen einlässt, die sich nicht befriedigen können und sehr bald zu langweilen beginnen. Ihre Trennungen gehen anscheinend immer sehr schnell und für den jeweiligen Partner tödlich vor sich. Logischerweise immer im Ausland, immer unter etwas ungeklärten Umständen, vorzugsweise Unfall. Sie versucht ja auch Jürgen während des Segeltörns in Kroatien mit einem herbeigeführten Tauchunfall in den Tod zu befördern. Nur leider gelingt es ihr nicht und so sieht sie sich gezwungen, die Waffe, welche ihr Jürgen als Schutz vor dem Stalker, den sie erfand, besorgte, gegen ihn zu benutzen. Sie hält einfach, wie sie in der Gerichtsverhandlung zugibt, nicht seine vielen Affären mit Frauen aus. Mit dem Fremdgehhandy traf er seine Verabredungen und hielt mit den jeweiligen Geliebten Kontakt. Sogar auf dem Kroatienurlaub hat er auf der Toilette mit seiner Geliebten kurz telefoniert. Somit steht der Prozess für die Zorzi nicht so schlecht. Das Buch ist wider Erwarten stellenweise amüsant. Ein Krimi, der nicht die übliche Moral hochhält. Die Hauptfigur verleitet den Leser und die Leserin zu Mitgefühl und manchmal zu ekeligem Widerwillen. Als leichte und etwas ablenkende Lektüre bestens geeignet. Die Sprache ist einfach und der Geschichte angemessen. Die zeitlichen Verschachtelungen, dass nämlich die Tat in der Zukunft immer wieder erwähnt wird und dann in Rückblenden die Geschichte bis zum Zeitpunkt der Tat erzählt wird, wobei dann noch eine Erzählebene vorweggenommen wird, nämlich diejenige, der darauffolgenden Gerichtsverhandlung, macht das Geschehen lebendig und manchmal etwas verwirrend. Dadurch ist man als Leser gefordert. Besondere Anekdote am Rand: Nach dem Schuss mit dem Revolver, der sehr laut ist, ist die Protagonistin sowohl ihren Freund als auch ihren lästigen Tinnitus los.