Still, aber eindringlich

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tanja_1983 Avatar

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„Die Probe“ ist ein Buch, das mich überrascht hat. Nicht, weil viel passiert, eigentlich passiert sogar ziemlich wenig, sondern weil das, was da ist, so seltsam eindringlich wirkt. Die Hauptfigur bleibt namenlos, und trotzdem war sie mir nahe. Oder gerade deshalb? Ich weiß es nicht genau, aber ich hatte das Gefühl, ich begleite jemanden durch eine Art Zwischenraum. Nicht nur räumlich, sondern auch emotional.
Die Sprache ist ruhig, fast nüchtern, aber genau dadurch fängt sie diese Atmosphäre ein, in der so viel in der Stille liegt. Man wartet beim Lesen irgendwie die ganze Zeit darauf, dass etwas passiert, ein Bruch, eine Explosion, eine Entscheidung. Aber es kommt nie ganz, und gerade das macht das Buch so interessant. Es ist wie ein Vakuum, in dem man plötzlich auf sich selbst zurückgeworfen wird.
Ich gebe vier Sterne, weil ich manchmal das Gefühl hatte, dass mir der Zugang fehlt. Vielleicht, weil die Distanz der Figur auch meine wurde. Vielleicht aber auch, weil ich als Leserin gern etwas mehr Emotion gespürt hätte. Trotzdem hat es etwas mit mir gemacht. Es bleibt nach dem Lesen im Kopf, obwohl es nicht laut war. Und das können nicht viele Bücher.
Ein stiller Roman, der nicht gefallen will, und genau darin liegt seine Stärke.