Zwei Realitäten

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mischka Avatar

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Schon die Leseprobe hat mich sofort gepackt – dieser sogartige, kontrollierte Schreibstil von Katie Kitamura hat etwas Hypnotisches. Genau diese sprachliche Sogkraft trägt auch durch den gesamten Roman – und ist, ehrlich gesagt, der einzige Grund, weshalb ich bis zum Ende dabeigeblieben bin.

Die Idee hinter Die Probe ist grandios: ein Roman in zwei Teilen, die wie in Parallelwelten spielen. In der einen Realität ist die Protagonistin nicht die Mutter von Xavier, in der anderen hingegen schon. Auch abseits dieser zentralen Frage leben die beiden Welten von Gegensätzen – und gleichen sich gleichzeitig in überraschenden Momenten wieder an.

Der Roman selbst hat für mich etwas von einem Theaterstück: alles wirkt inszeniert, fast gestaged, jede Bewegung und jedes Wort genau platziert. Wir begleiten die Protagonistin in einer extrem detailreichen Gedankenwelt, in der sie ihre Umgebung permanent analysiert und zerdenkt.

Und doch bleibt am Ende der Eindruck einer großartigen Grundidee, die nicht ganz zu Ende gedacht wurde. Die Story wirkt stellenweise flach, fast skizzenhaft, und hätte für meinen Geschmack noch mehr „Fleisch am Knochen“ gebraucht, um ihre ganze Wirkung zu entfalten.