Zwischen den Fronten

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Eine aufgeheizte Stimmung herrscht in Frankfurt anno 1522, erst fünf Jahre ist es her, dass Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen zur Reformation der Kirche publik machte und die Entwicklung der Lutherischen Ideen macht auch vor der Mainmetropole nicht halt. Immer öfter kommt es zu öffentlichen Disputen zwischen den Anhängern der alten und der neuen Kirche. Auch die Hurenkönigin und ihr Geliebter müssen solche Auseinandersetzungen beim Besuch der Buchmesse erleben. Der Weg durch die engen Gassen, zum vereinbarten Treffpunkt mit dem Verleger Doktor Eckhart Heller, gestaltet sich durchaus schwierig. Dabei ist Ursel sowieso schon mehr als aufgeregt, wird der Verleger ihre Idee, einen Kriminalroman zu schreiben, überhaupt ernst nehmen?
Ursels Bedenken zerstreut der sympathische Verleger sofort, mehr noch, er bestärkt sie sogar in ihrem Vorhaben, mit ihrem Lebensgefährten Bernhard von Wanebach zusammen dieses Buch zu schreiben.
Doch ihr Vorhaben findet ein jähes Ende, als in Frankfurt kurz hintereinander zwei junge Frauen ermordet aufgefunden werden. Die Toten sind eine Inszenierung der Mater Dolorosa, der Schmerzensmutter. Als dann auch noch die innig geliebte Nichte des Gelehrten Wanebach verschwindet, wird Ursel sogar von der Obrigkeit zur Aufklärung der Frauenmorde hinzugezogen.

Ursula Neeb schickt ihre sympathische Hobbydetektivin Ursel wieder auf Verbrecherjagd. Wie auch in den Vorgängern dieser Reihe, besticht die Autorin wieder durch eine gut recherchierte Story und eine detailgetreue Wiedergabe des Lebens im Mittelalter. Die aufgeheizte Stimmung zwischen den Katholiken und Protestanten auf der Buchmesse ist förmlich mit Händen greifbar. Sehr intensiv fand ich auch die Schilderung der Überläufer, der Ex-Priester, die sich den Lutheranern anschließen und ein normales Leben führen wollen. Doch ohne den Schutz der Kirche ist es doppelt so schwer, Fuß zu fassen in einem bürgerlichen Leben. Meist obsiegt die Armut. Dieser Zwiespalt ist sehr deutlich herausgearbeitet. Der eigentliche Kriminalfall ist nicht minder spannend, hier fehlte mir nur ein bisschen etwas Neues oder Anderes. Die Opfer sind wieder Frauen und der Täter außerordentlich brutal. Trotzdem hält das Interesse, weil die Erzählweise ungemein fesselnd ist, die Sorgen und Nöte der Protagonisten nachempfindbar und die Szenerie des Mittelalters fast erlebbar wird.
Mit ein bisschen Wehmut las ich die letzten Abschnitte, ich hoffe ich täusche mich sehr, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das dies Ursels letzter Fall war.