Intelligenter Lesespaß im Stil klassischer Detektivgeschichten

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katrinb Avatar

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Es wurde langsam Zeit, dass Seishi Yokomizo, der Meister des modernen japanischen Kriminalromans, nun auch in Deutschland - in der exzellenten Übersetzung von Ursula Gräfe - bekannt wird. Die in Japan 1946 erstmals veröffentliche Detektivgeschichte „Die rätselhaften Honjin-Morde“ ist der erste Band einer 77-teiligen Reihe rund um den exzentrischen Ermittler Kosuke Kindaichi und es ist sehr zu hoffen, dass noch weitere Bände in deutscher Übersetzung folgen werden.
Die Geschichte ist in der japanischen Provinz angesiedelt. Die Hochzeit von Kenzo, dem Sohn einer standesbewussten Familie, mit Katsuko endet in einer blutigen Katastrophe. Das Brautpaar wird tot in seinem eigenen Blut liegend aufgefunden, als Tatwaffe wird ein Schwert identifiziert. Allerdings ist der Raum von innen verschlossen und es gibt keinerlei Spuren, dass sich ein Täter von außen Einlass verschafft hat. Der ermittelnde Polizist steht vor einem Rätsel und erst der hinzugerufene Privatdetektiv Kindaichi – ein skuriller, schmuddlig wirkender Typ, der sich aber durch seine außergewöhnliche Intelligenz und ein überragendes Kombinationsvermögen auszeichnet – schafft es, den Fall zu lösen.
Der Roman beginnt langsam und gemächlich, so dass der / die Leser*in sich gut in die Geschichte einfinden kann. Von Kapitel zu Kapitel steigert sich die Spannung, was auch daran liegt, dass der Autor sukzessiv immer neue Hintergründe und Details rund um die Familie Ichiyanagi enthüllt. Ganz nebenbei erfährt der / die Leser*in dabei etwas von der traditionellen japanischen Kultur und dem herrschenden Wertesystem. Die letzten Kapitel stellen dann den Höhepunkt des Romans dar, indem in einem großen Finale der Täter sowie die Umstände der Morde präsentiert werden.
Besonders angenehm ist mir aufgefallen, dass sich die Spannung des Romans einzig und allein aus dem intelligenten Plot und nicht aus irgendwelchen Blutrünstigkeiten ergibt. Es gibt zwar blutige Elemente, der Autor fokussiert sich aber nicht darauf und sein Stil hat etwas angenehm Altmodisches im Stil von Agatha Christie oder Arthur Canon Doyle. Somit hebt er sich wohltuend von der Masse der gängigen Kriminalromane, die im Moment den Markt überschwemmen, ab.
Fazit: Ein faszinierendes Setting, ein interessanter Ermittler, eine intelligente, zum Mitknobeln auffordernde Handlung sowie ein überraschendes, jedoch in sich stimmiges Ende – „Die rätselhaften Honjin-Morde“ haben all das, was für mich einen guten Kriminalroman ausmacht. Ich hoffe sehr, dass wir noch weitere Kriminalfälle rund um den sympathischen Ermittler Kindaichi in deutscher Übersetzung lesen dürfen!