Drei starke Frauen und ihr Lebensweg

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federfee Avatar

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Allgemeine Lebensthemen: heimatliche Verwurzelung, die Kraft des Waldes, Mütter und Töchter, Außenseiter, Resilienz und Selbstbestimmung

Ein idyllisch gelegenes kleines Dorf im Schwarzwald in den 60ern - das fiktive Wittenmoos - doch die Idylle trügt:

‘Das Dorf sitzt in den Wiesen, schön wie eine Postkarte, man sieht die Lügen nicht, die Wunden, man sieht nur, wie hübsch alles ist, wie hübsch es immer war.’ (214)

Kann man sich also dort wohl fühlen, wo geklatscht und getratscht wird, wo über andere hinter deren Rücken hergezogen wird? Es trifft besonders eine Frau, die vom Aussehen her nicht der vermeintlichen Norm entspricht: sie ist größer und knochiger als die anderen und hat zudem noch rote Haare. Das reicht den Dorfbewohnern, um sie auszugrenzen und über sie zu lästern.

Einen Mann hat Liese trotzdem gefunden oder vielleicht auch umgekehrt: Bernhard der Metzger, der einmal die väterliche Metzgerei samt Schlachthaus übernehmen wird. Schnell merkt sie, dass es ein großer, nicht wieder gut zu machender Fehler war. Sie haben nichts miteinander gemeinsam, reden nicht miteinander und dann noch die Enttäuschung für Bernhard, dass das Neugeborene kein Sohn ist, sondern eine Tochter, auch die mit roten Haaren: Cora.

Die Lage eskaliert, weil Bernhard dem Kind gegenüber zunehmend gewalttätig wird. Für Liese ist sie ihr Ein und Alles. Sie hatte sich zwar sehnlichst aus dem Dorf weg gewünscht, aber mit Kind ist sie gebunden. So ist es eine Erlösung für sie, als Bernhard bei einem Autounfall stirbt. Doch wie wird es weitergehen?

Hatte sich der Leser anfangs gefragt, warum die beiden überhaupt geheiratet haben, steht nun die Frage im Raum, wie Liese es angestellt hat, dass der Schwiegervater ihr die Metzgerei überschreibt. Über die weiteren Jahren liest man staunend, wie diese starke Frau es schafft, eine richtige Metzgerin zu werden mit allem, was dazu gehört, vom Schlachten bis zum Papierkram und dazu noch alleinerziehend.

‘Sie muss jetzt jemand sein, der sie noch nie war.’ (S. 55).

Doch leider wird auch die rothaarige Tochter Cora gemobbt und findet keine Freundin. Verständlich, dass in ihr der Wunsch wächst, die Engstirnigkeit des Dorfes zu verlassen und in die weite Welt zu gehen. Nach dem Abitur macht sie sich nach Paris auf, doch leider läuft es nicht wie gewünscht. Wie es weitergeht, will ich nicht verraten, nur so viel, dass Cora in das kleine Dorf zurückkehren muss, eine rothaarige Tochter Eva bekommt, die allerdings ganz anders ist, sich nicht weg sehnt, sondern den Wald ihrer Heimat leidenschaftlich liebt und die Wurzeln des ‘Daheims’ liebt.

‘Heimat kann etwas Gutes sein, wenn man sich dafür entscheidet.’ (336)

Was soll daran falsch sein, fragt sie sich. Nach einer Phase der Orientierungslosigkeit findet sie den Weg, der zu ihr und ihrer Liebe zum Wald passt. Auch Mutter und Großmutter haben eine Lebensaufgabe gefunden.

‘Dinge müssen nicht vergehen, man kann auch einfach mit ihnen leben. (57) - ‘Manche Dinge bringen dich nur um, wenn du sie lässt.’ (309)

Fazit
Ein sehr empfehlenswertes Buch, warmherzig und melancholisch, über starke Frauen, die Fehler mit weitreichenden Folgen machen, falsche Entscheidungen treffen, aber nie aufgeben und ihren Weg im Leben finden. Es gibt viele kluge Gedanken über das Leben, die Heilkraft des Waldes, die Verbundenheit mit der Heimat u.v.m. und das alles in einer teilweise poetischen Sprache mit kreativen Wortbildern.