abwechslungsreiche Coming-of-Age-Geschichte
»Ich [Rachel] hatte einen Ozean voller Probleme geschaffen, in dem James der Navigator war, weil er der Einzige war, der von meiner Schwärmerei für Dr. Byrne wusste« (S. 84).
Rachel arbeitet während ihres Studiums in einer Buchhandlung, die kurz vor Jahresende im Jahre 2009 auch James einstellt. Er soll das Team als Aushilfe während des Weihnachtsgeschäfts unterstützen. Aus dem kollegialen Verhältnis der beiden entsteht schnell eine innige Freundschaft. Rachel und James beschließen, sich eine Wohnung zu teilen und sind von nun an unzertrennlich, hängen gemeinsam ab und erzählen sich ungefiltert alles. So erfährt James auch, dass sich Rachel in ihren Literaturprofessor Dr. Byrne verguckt hat. Das Duo tüftelt direkt an einem Plan, wie Rachel ihrem Crush näher kommen kann. Es kommt natürlich anders als geplant und die Freundschaft der beiden wird nicht nur einmal auf die Probe gestellt …
Die Geschichte rund um Rachel Murray, James Devlin und Dr. Fred Byrne spielt, wie bereits erwähnt, im Jahre 2009, erzählt wird sie jedoch 21 Jahre später aus der Sicht von Rachel. Durch die retrospektive Erzählweise entsteht ein besonderer Spannungsbogen und der Erzählstil erinnert mich an einen lockeren Plauderton einer Freundin, die mir eine Story von früher erzählt. Der Schreibstil gefällt mir demnach sehr gut. Mit den Figuren werde ich allerdings nicht so warm wie erhofft, vor allem Rachel macht es mir schwer und ihre Dynamik, die sich durch die Freundschaft mit James entwickelt. Ich hänge zwar an ihrer Erzählstimme und verfolge aufmerksam was passiert und bin neugierig, wie das Buch endet.
Gleichzeitig möchte ich mich auf eine Art dem Strudel entziehen – dieser Freundschaft zwischen ihr und James, die an vielen Stellen toxische Auswüchse hat und nicht auf Augenhöhe stattfindet. Es ist teils schon fast deprimierend, wie die Figuren miteinander umgehen.
»Wir laugten uns gegenseitig aus« (S. 314).
Geschickt baut die Autorin Caroline O’Donoghue feministische Themen in den Plot ein, ohne diese zu sehr in der Vordergrund zu rücken oder die leichte Stimmung der Geschichte durch leise Systemkritik zu ruinieren. Außerdem ist die Freundschaft zwischen Rachel und James von Klassenunterschieden geprägt. Diese Unterschiede im Aufwachsen und persönlichen Sein bringt Caroline O’Donoghue ebenfalls gekonnt ein und erweitert die Geschichte damit um eine weitere Dimension. Während Rachel mit ihren zwei Brüdern in einem behüteten Elternhaus aufwächst, versucht James’ alleinerziehende Mutter sich und ihre drei Kinder finanziell über Wasser zu halten. James Vater war drogenabhängig und saß im Gefängnis.
»Ich war ungewöhnlich untalentiert, was Haushaltsdinge betraf, weil meine Mutter uns vollkommen verwöhnt hatte, ohne dass uns das aufgefallen wäre. […] Zu meiner Verteidigung muss ich anmerken, dass James weitaus mehr Erfahrung hatte« (S. 66).
»Die Sache mit Rachel« bietet eine abwechslungsreiche Coming-of-Age-Geschichte, die sich den Titel modernen Unterhaltungsliteratur wahrlich verdient hat. Wer ein leichtes und gleichzeitig doch stimmungsgeladenes Buch sucht, ist hiermit bestens bedient.