Wunderbar

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chomaky95 Avatar

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Caroline O’Donoghues Roman Die Sache mit Rachel ist eine feinfühlige, gleichzeitig scharfsinnige Coming-of-Age-Geschichte, die das Lebensgefühl junger Erwachsener im Irland der frühen 2010er Jahre auf eindrucksvolle Weise einfängt. Im Zentrum steht Rachel, eine junge Frau, die während ihrer Studienzeit in Cork ihren besten Freund James kennenlernt. Was als harmlose Schwärmerei für ihren Literaturprofessor Dr. Byrne beginnt, entwickelt sich schnell zu einer emotional komplexen Geschichte, als Rachel herausfindet, dass James eine Affäre mit eben jenem Professor hat. Eine ungewollte Schwangerschaft, gesellschaftlicher Druck und ein wachsendes Gefühl von Entfremdung bringen Rachels Welt ins Wanken – und zwingen sie, sich mit fundamentalen Fragen von Identität, Sexualität und gesellschaftlichen Erwartungen auseinanderzusetzen.

Der Roman behandelt eine Vielzahl gesellschaftlicher Themen, darunter die prekäre wirtschaftliche Lage junger Menschen nach der Finanzkrise, die restriktive Gesetzgebung zur Abtreibung in Irland sowie das oftmals schwierige Coming-out in einem konservativen Umfeld. Besonders eindrucksvoll ist die Art und Weise, wie O’Donoghue diese komplexen Themen mit leichter Hand und viel Empathie in die Handlung einwebt, ohne dabei ihre gesellschaftskritische Schärfe zu verlieren. Die beschriebene „Abtreibungsreise“ nach England, die für viele irische Frauen Realität war, verleiht dem Roman eine emotionale Tiefe und politische Relevanz, die lange nachhallt.

O’Donoghues Stil ist lebendig, humorvoll und zugleich von leiser Melancholie durchzogen. Sie schreibt in einer klaren, einfühlsamen Sprache, die sowohl die emotionale Unsicherheit ihrer Figuren als auch ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Selbstverwirklichung authentisch einfängt. Manche Charaktere, insbesondere Rachel selbst, wirken stellenweise etwas eindimensional, und einige Passagen des Romans verlieren ein wenig an erzählerischem Tempo. Dennoch überzeugt das Buch insgesamt durch seine emotionale Ehrlichkeit und seine genaue Beobachtung gesellschaftlicher Realitäten.

Die Sache mit Rachel ist ein kluger, unterhaltsamer und bewegender Roman über Freundschaft, Identität und das Erwachsenwerden in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs. Caroline O’Donoghue gelingt es, eine sehr persönliche Geschichte zu erzählen, die zugleich universelle Fragen aufwirft – ein Roman, der sowohl zum Nachdenken anregt als auch tief berührt. Für alle, die sich für Literatur interessieren, die zwischen Humor und Ernst, Leichtigkeit und Tiefe balanciert, ist dieses Buch eine klare Empfehlung.