Gelungenes Krimi-Debüt - auf den zweiten Blick!

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bibliophil04 Avatar

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So viel bereits vorweg: Mit „Die Schanze“ legt Lars Menz ein gelungenes Krimi-Debüt vor – wenn auch auf den zweiten Blick.

Wieso auf den zweiten Blick? Im Großen und Ganzen gleicht der Plot von „Die Schanze“ einer Reihe anderer Krimi- oder Thriller-Stories. Zuerst geschieht ein mehr oder weniger spektakulär inszenierter Mord, woraufhin im Rückblick dazu eine komplex verstrickte Familien- und Intrigen-Geschichte erzählt wird, die letztlich auch zur Auflösung der (am Ende der Geschichte nicht mehr nur ein Mord) Morde hinführt.
Dennoch überzeugt Menz durch ein paar unvorhersehbare Twists und gut ausgearbeitete Charaktere. Obwohl man zum Beispiel zuerst relativ wenig über den im Ruhestand befindlichen Kommissar Haußer oder den Journalist Merab erfährt, zeichnet Menz durch kleine Anspielungen durchaus sympathische Charaktere, die sich wie ein Roter Faden durch die Geschichte ziehen und die einzelnen Perspektiven miteinander verweben. Auch die sprachliche Ausgestaltung der Geschichte gelingt Menz sowohl in den Prosatexten als auch in den Dialogen sehr gut. Die einzelnen, relativ kurzen Kapiteln, erzählen die Geschichte teilweise aus unterschiedlichen Erzähl-Perspektiven und lassen somit die Charaktere nochmals bildhafter erscheinen.
Mit dem Schauplatz, der irgendwo am Rande der Alpen liegt, hätte allerdings noch ein wenig mehr hinsichtlich Landschaftsbeschreibungen gespielt werden können – beachtet man insbesondere den Hintergrund des Autors selbst. Auch die besondere Inszenierung des ersten Mordes verläuft sich etwas und wird nicht nochmals konkret aufgegriffen.
An die Verlage gerichtet kann man in der vergangenen Zeit allerdings immer häufiger die Frage stellen, wie die Genre-Zuordnung gehandhabt wird. Wann wird eine Geschichte zu einem „Thriller“, wann zu einem „Kriminalroman“? Sicherlich sind die Grenzen auch hier teilweise fließend und einzelne Geschichten passen phasenweise zum Genre „Krimi“, phasenweise zum Genre „Thriller“. Wenn allerdings eine eher ruhige Handlung überwiegt und das Aufspüren des Täters aus polizeilicher oder wie hier aus privater Sicht im Fokus steht, wird mit der Zuweisung „Krimi“ oder „Kriminalroman“ sicherlich nichts falsch gemacht, um beim Leser nicht einen falschen Eindruck zu erwecken.