Mehr cozy crime als spannender Krimi
Mit "Die Schanze" legt Lars Menz seinen ersten Thriller vor – eine düstere Geschichte, die sich in einem kleinen, alpinen Dorf entfaltet, in dem Abgründe menschlicher Beziehungen und Geheimnisse ans Licht kommen. Lars Menz, Jahrgang 1972, ist Journalist und mehrfach ausgezeichneter Autor von Kurzgeschichten. Seine schriftstellerische Erfahrung spiegelt sich in einem flüssigen Schreibstil wider, der jedoch bei der Charakterzeichnung und Logik des Plots Schwächen zeigt.
Worum geht's genau?
Ellen kehrt nach Jahren in das Dorf ihrer Kindheit zurück, das sie einst aufgrund eines schrecklichen Verbrechens verlassen musste. Doch kaum ist sie zurück, wird ein Mord begangen: Ein Mann wird tot an der örtlichen Skischanze gefunden. Ellen kennt das Opfer, und die Spuren weisen in eine Richtung, die sie selbst zur Verdächtigen machen könnte. Während alte Wunden aufreißen, scheint die Wahrheit über die Vergangenheit des Dorfes unaufhaltsam ans Licht zu kommen – doch nicht, ohne noch mehr Leben zu zerstören.
Meine Meinung
Die Schanze ist ein ambitioniertes Debüt, das einige interessante Ansätze bietet, jedoch in der Umsetzung mit Schwächen zu kämpfen hat. Der Prolog gibt beispielsweise früh preis, dass der Täter ein Mann ist. Dies nimmt ein Stück weit die Spannung, die bei einem Thriller oft von der Ungewissheit lebt. Auch die Figuren wirken durchgehend stark belastet, sei es durch Kindheitstraumata, Krankheiten oder komplizierte Familienverhältnisse. Besonders auffällig ist, dass gleich mehrere Figuren mit Krebs diagnostiziert sind. Diese Häufung wirkt auf mich konstruiert und hat meine Glaubwürdigkeit in die Geschichte beeinträchtigt. Auch die Beziehung zwischen den Charakteren entwickelt sich oft unglaubwürdig schnell, und die angedeutete Liebesgeschichte zwischen zwei „verletzten Seelen“ wirkt eher aufgesetzt, unpassend und angesichts der Erlebten Traumata und Verletzungen ohne Zukunft.
Ein weiteres Problem sehe ich in der Darstellung der Figuren. Es fehlen häufig klare Beschreibungen, sodass es schwerfällt, sie auseinanderzuhalten. Manche Charaktere werden eingeführt, ohne dass wesentliche Merkmale ihres Äußeren oder ihrer Persönlichkeit beschrieben werden, was das Mitfiebern erschwert. Gleichzeitig gibt es Stellen, an denen die Darstellung (vor allem von Frauen) meiner Meinung nach unnötig wertend erscheint – etwa, wenn mehrfach von "Starke(n) Frau(en)" die Rede ist oder eine (weibliche) Figur durch die Wahl ihrer Kleidung negativ hervorgehoben wird: „Eine eng geschnittene rote Bluse betonte unvorteilhaft Saskias Bauch.“ Solche Kommentare haben bei mir den Eindruck erweckt, dass die Perspektive der Erzählung hier eher von einem männlichen Blick (male gaze) geprägt ist, was nicht nötig ist, um die Handlung voranzutreiben.
Die Handlung selbst bietet zwar einige spannende Wendungen, leidet aber an vielen Stellen unter unrealistischen oder unlogischen Ereignissen. So werden etwa Autos von Vermissten einfach weggefahren, ohne dass sich die Beteiligten über die Konsequenzen Gedanken machen. Auch wirkt es konstruiert, dass ein unerfahrener Skifahrer an gefährliche Stellen vordringt oder sogar eine Schlucht herunterklettert. Solche Szenen haben es mir schwer gemacht, mich in die Geschichte einzufühlen. Zusätzlich hätte ich mir bei der Erzählung ein klareres Gefühl für den zeitlichen Ablauf gewünscht. Die Handlung scheint innerhalb weniger Tage zu spielen, aber Zeitangaben oder Kapitelüberschriften, die das bestätigen, fehlen leider.
Positiv hervorzuheben ist die Atmosphäre des Buches. Das alpine Dorf mit seiner düsteren, beklemmenden Stimmung wird sehr anschaulich beschrieben. Diese Szenerie hat dazu beigetragen, dass ich zumindest stellenweise in die Geschichte eintauchen konnte. Zudem blieb ich als Leserin lange Zeit im Unklaren, wem ich trauen konnte. Dieses Element hat der Spannung durchaus gutgetan, auch wenn ich mir noch tiefere Einblicke in die Perspektive des Täters gewünscht hätte - bspw. dazwischen vermehrt Kapiteln/Szenen aus seiner Sicht/Perspektive geschrieben.
Der Schluss hat mich jedoch nicht überzeugt. Einige Fragen werden zwar geklärt, aber vieles wirkt überzogen oder zu sehr auf einen dramatischen Effekt hin konstruiert. Auch die Einbindung von Diversität (Merab und queere Charaktere) wirkte auf mich eher beiläufig und nicht organisch in die Geschichte eingebettet. Das mag daran liegen, dass der Fokus stärker auf der Hauptgeschichte lag, aber es wirkte, als sei dies nachträglich hinzugefügt worden.
Fazit
"Die Schanze" hat Potenzial, das jedoch durch konstruierten Plot, blasse Figuren und unrealistische Szenen verschenkt wird. Zwar liest sich die Geschichte flüssig, und die düstere Dorfatmosphäre ist gelungen, doch die Handlung wirkt an vielen Stellen unlogisch und aufgesetzt. Insgesamt vergebe ich 2,5 von 5 Sternen.
Worum geht's genau?
Ellen kehrt nach Jahren in das Dorf ihrer Kindheit zurück, das sie einst aufgrund eines schrecklichen Verbrechens verlassen musste. Doch kaum ist sie zurück, wird ein Mord begangen: Ein Mann wird tot an der örtlichen Skischanze gefunden. Ellen kennt das Opfer, und die Spuren weisen in eine Richtung, die sie selbst zur Verdächtigen machen könnte. Während alte Wunden aufreißen, scheint die Wahrheit über die Vergangenheit des Dorfes unaufhaltsam ans Licht zu kommen – doch nicht, ohne noch mehr Leben zu zerstören.
Meine Meinung
Die Schanze ist ein ambitioniertes Debüt, das einige interessante Ansätze bietet, jedoch in der Umsetzung mit Schwächen zu kämpfen hat. Der Prolog gibt beispielsweise früh preis, dass der Täter ein Mann ist. Dies nimmt ein Stück weit die Spannung, die bei einem Thriller oft von der Ungewissheit lebt. Auch die Figuren wirken durchgehend stark belastet, sei es durch Kindheitstraumata, Krankheiten oder komplizierte Familienverhältnisse. Besonders auffällig ist, dass gleich mehrere Figuren mit Krebs diagnostiziert sind. Diese Häufung wirkt auf mich konstruiert und hat meine Glaubwürdigkeit in die Geschichte beeinträchtigt. Auch die Beziehung zwischen den Charakteren entwickelt sich oft unglaubwürdig schnell, und die angedeutete Liebesgeschichte zwischen zwei „verletzten Seelen“ wirkt eher aufgesetzt, unpassend und angesichts der Erlebten Traumata und Verletzungen ohne Zukunft.
Ein weiteres Problem sehe ich in der Darstellung der Figuren. Es fehlen häufig klare Beschreibungen, sodass es schwerfällt, sie auseinanderzuhalten. Manche Charaktere werden eingeführt, ohne dass wesentliche Merkmale ihres Äußeren oder ihrer Persönlichkeit beschrieben werden, was das Mitfiebern erschwert. Gleichzeitig gibt es Stellen, an denen die Darstellung (vor allem von Frauen) meiner Meinung nach unnötig wertend erscheint – etwa, wenn mehrfach von "Starke(n) Frau(en)" die Rede ist oder eine (weibliche) Figur durch die Wahl ihrer Kleidung negativ hervorgehoben wird: „Eine eng geschnittene rote Bluse betonte unvorteilhaft Saskias Bauch.“ Solche Kommentare haben bei mir den Eindruck erweckt, dass die Perspektive der Erzählung hier eher von einem männlichen Blick (male gaze) geprägt ist, was nicht nötig ist, um die Handlung voranzutreiben.
Die Handlung selbst bietet zwar einige spannende Wendungen, leidet aber an vielen Stellen unter unrealistischen oder unlogischen Ereignissen. So werden etwa Autos von Vermissten einfach weggefahren, ohne dass sich die Beteiligten über die Konsequenzen Gedanken machen. Auch wirkt es konstruiert, dass ein unerfahrener Skifahrer an gefährliche Stellen vordringt oder sogar eine Schlucht herunterklettert. Solche Szenen haben es mir schwer gemacht, mich in die Geschichte einzufühlen. Zusätzlich hätte ich mir bei der Erzählung ein klareres Gefühl für den zeitlichen Ablauf gewünscht. Die Handlung scheint innerhalb weniger Tage zu spielen, aber Zeitangaben oder Kapitelüberschriften, die das bestätigen, fehlen leider.
Positiv hervorzuheben ist die Atmosphäre des Buches. Das alpine Dorf mit seiner düsteren, beklemmenden Stimmung wird sehr anschaulich beschrieben. Diese Szenerie hat dazu beigetragen, dass ich zumindest stellenweise in die Geschichte eintauchen konnte. Zudem blieb ich als Leserin lange Zeit im Unklaren, wem ich trauen konnte. Dieses Element hat der Spannung durchaus gutgetan, auch wenn ich mir noch tiefere Einblicke in die Perspektive des Täters gewünscht hätte - bspw. dazwischen vermehrt Kapiteln/Szenen aus seiner Sicht/Perspektive geschrieben.
Der Schluss hat mich jedoch nicht überzeugt. Einige Fragen werden zwar geklärt, aber vieles wirkt überzogen oder zu sehr auf einen dramatischen Effekt hin konstruiert. Auch die Einbindung von Diversität (Merab und queere Charaktere) wirkte auf mich eher beiläufig und nicht organisch in die Geschichte eingebettet. Das mag daran liegen, dass der Fokus stärker auf der Hauptgeschichte lag, aber es wirkte, als sei dies nachträglich hinzugefügt worden.
Fazit
"Die Schanze" hat Potenzial, das jedoch durch konstruierten Plot, blasse Figuren und unrealistische Szenen verschenkt wird. Zwar liest sich die Geschichte flüssig, und die düstere Dorfatmosphäre ist gelungen, doch die Handlung wirkt an vielen Stellen unlogisch und aufgesetzt. Insgesamt vergebe ich 2,5 von 5 Sternen.