Die Schnitzlers – nicht nur eine Familiengeschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
nicky_g Avatar

Von

Die vorliegende Biographie nimmt sich nicht nur einer Person an, sondern gleich einer gesamten Familie. Angefangen bei den Großeltern Arthur Schnitzlers bis hin zu seinen heutigen Nachfahren erzählt Jutta Jacobi nicht nur eine Familiengeschichte, sondern auch eine europäische Geschichte, die eng mit dem Leben und Schicksal der Juden im 19. und besonders im 20. Jahrhundert verwoben ist. Die Vorurteile, die schließlich so grausam im Genozid gipfelten, werden anhand der Familie Schnitzler und ihrer Zeit greifbar. Dekrete, die wenig Toleranz versprechen, bilden den äußeren Rahmen einer Zerrissenheit zwischen Anerkennung und Isolierung.
Bildung ist wichtig, um voran zu kommen, um das Dorfleben hinter sich zu lassen und in die expandierende Stadt zu ziehen. Jammern und hadern bringen nichts, nur Handlungen führen zum Ziel. Dem verschreibt sich schon Arthur Schnitzlers Vater Johann. Mit ihm beginnt der Aufstieg der Familie im Wien des 19. Jahrhunderts.
Viele Namen und Personen tauchen im Verlauf über eines Jahrhunderts auf, so dass man sich als Leser konzentrieren muss, um den Überblick zu behalten. Die teilweise sehr detaillierten Beschreibungen, zum Beispiel einer jetzigen Bewohnerin des Geburtshauses von Arthur Schnitzler, lockern zwar die sorgfältig recherchierten Fakten auf, sind aber überflüssig, denn die Mischung aus dem Originalton der Personen anhand von Briefen und die eigene Interpretation der Autorin in manchen Situationen, wie zum Beispiel bei dem vermuteten Gespräch der Familie Schnitzler auf der Fahrt zur Weltausstellung, bieten genug Spielraum, um das Lesen lebendiger zu gestalten. Dazu tragen auch die Fotos bei, die mir sehr gut gefallen haben, vor allem um Gesichter zu den Namen zu haben.
Ein Buch, das nicht nur von einer Familie erzählt, sondern exemplarisch für viele Familien dieser Zeit steht, wunderbar eingebunden in die Geschichte Europas und die Straßen Wiens.