Mehr Generationenroman als eine Biographie

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ismaela Avatar

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Eigentlich ist dieses Buch keine Biographie im eigentlichen Sinne, denn beschrieben werden einige Generationen einer ganzen Familie, deren berühmtestes Mitglied Arthur Schnitzler ist. Ihn dürften die meisten kennen - seinen Großvater aber, oder seine Kinder, Enkel und Urenkel nicht. Macht aber nichts. Dafür ist dieses Buch ja da.

Zuerst habe ich mich mit dem Schreibstil etwas schwer getan, weil Frau Jacobi eine doch sehr blumige, sprunghafte Sprache hat. Auch sind die Zeitsprünge von Kapitel zu Kapitel manchmal recht verwirrend. Trotzdem lässt sich das Buch im Großen und Ganzen gut und flüssig lesen, und man merkt, wie unglaublich ausführlich und gewissenhaft sie die Recherche betrieben hat. (Am Ende des Buch schreibt sie ja, dass die Recherche mit das Schönste am Schreiben eines Buches ist.) Zwischen den Zeilen liest man von Anfang bis Ende die große Bewunderung und Liebe der Autorin zu - vor allem - Arthur Schnitzler heraus, das ist schon fast eher eine Herzensangelegenheit, als ein simpler Wunsch, einen berühmten Menschen zu portraitieren.

Und vielleich ist das aber auch das Problem. Zum Einen die Fülle an Information, auch die aussenherum. Ihre Eindrücke, wenn sie in die Länder und an die Orte fährt, an denen auch die Schnitzlers waren, oder wenn sie Detail an Detail reiht - irgendwann wird es dann doch ein bisschen viel. Manche Dinge werden auf der anderen Seite aber irgendwie gar nicht beschrieben, zum Beispiel die Zeit während des zweiten Weltkrieges. Man liest von der Auswanderung, und dann geht es gleich weiter mit der Nachkriegszeit. Oder auch die Werke von Schnitzler, die eigentlich nie beschrieben werden, man erfährt den Titel und damit hat sich's. Und auch die Verehrung, die aus jeder Zeile spricht - mir hat dadurch ein bisschen das Objektive gefehlt. Beispiel: Mich persönlich hat es fast schon entsetzt zu lesen, dass Arthur Schnitzler so ein Schürzenjäger war und es völlig normal gefunden hat, in Bordellen seine Bedürfnisse zu stillen, gleichzeitig aber die Frauen, die ihn "betrügen", auf das schärfste zu beleidigen und zu verurteilen. Da hätte ich mir von Frau Jacobi ein bisschen mehr objektivität gewünscht, denn ein solches Benehmen kann man nur verachten.

Alles in Allem hat mir dieses Buch gut gefallen; für Fans von A. Schnitzler sicherlich ein Muss, wer sich allerdings vor allem für seine Schriften und ihre Einordnung in Zeit und Laune interessiert, wird mit diesem Buch vielleicht nicht so glücklich werden. Ansonsten aber für gemütliche Stunden auf der Couch empfehlenswert.