Der Anfang der Zeit

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rauschleserin54 Avatar

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„Nur ein Stein mit Spuren eines sternförmigen Fossils. Den sie als Elfjährige aufgesammelt hatte, in ihrem allerersten Sommer am Meer, an einem Strand am Anfang der Welt. So nannten die Bretonen ihre stolzen, schroffen Küsten, die sich aus den Wassermassen emporgestemmt hatten und zu Land geworden waren. Claire hatte das zweifarbige Fossil, das sich wie ein glatter, herzförmiger Stein anfühlte, dreiunddreißig Jahre von Hosentasche zu Handtasche zu Aktentasche zu Schreibtisch getragen, so als könne sie für immer den Anfang der Zeit mit sich führen.“

Claire ist eine bekannte Verhaltensforscherin an einer Pariser Hochschule, sie ist Mutter von Niko und Frau von Gilles. Sie ist distanziert zu Kollegen und der verlässliche Verdiener in der Familie. Sie nimmt sich ab und an eine Auszeit für ein einmaliges intimes Zusammensein mit einem Fremden, um sich nur „als Frau“ zu fühlen, wieder angesehen zu werden, so wie sie ist. Sie will ihren Mann nicht verlassen, aber er lügt sie an.

Claire trifft nach einer romantischen Stunde mit einem Mann das Zimmermädchen Julie. Beide geben vor, nicht die zu sein, als die sie erscheinen.
Nico stellt seine neue Liebe vor und die Eltern erinnern sich.
Zu viert fahren sie ans Meer in die Bretagne und es wird für alle eine intensive Zeit.

Ich bin stark beeindruckt von der poetischen Sprache voller Melancholie, Authentität und dem Rühren an tiefe Geheimnisse einer vermeintlich starken Frau.
Eine Offenheit, das Mutterwerden und -sein nicht zu verklären, aber zu erklären, was es ausmacht und mit Frau macht. Dem Mut alles infrage zu stellen, Frau in den Vordergrund zu rücken. Rupturen im Leben aufzuzeigen, die alles wenden können. Die tragische Rolle aufzuzeigen, wie Frau sich verliert, um zu funktionieren. Die Liebe in all seinen Facetten zu zeigen. Wie Erlebnisse der Kindheit den Menschen immer wieder einholen.

Ein gewaltiges Buch über Brüche und Chancen und der Suche nach sich selbst.
Ich staune als Leser, was für großartige Bilder die Autorin nutzt, um die tiefsten Gefühle aufzuzeigen. Wie schön, dass die Urgewalten des Atlantiks und die wunderbare Natur die Geschichte einrahmen und intensivieren. Ein Buch, auf das ich mich einlassen musste, aber es hat mich dann auch mit Haut und Haaren verschlungen. Ich würde sagen, es ist für jede Frau, die sich in ihren Pflichten mehr oder weniger verloren hat, ein Atemholen und ein Besinnen auf das, was sie ausmacht. Eine Chance!Ein Buch über Frauen und was sie sein können füreinander oder für sich selbst, wenn sie den Mut aufbringen, sich dem Leben zu stellen und sich selbst. Danke dafür Nina George!